Pearl Jamvon Rainer Aschemeier • 29. Juni 2006 Vier Jahre gingen ins Land, seit dem hervorragenden „Riot Act“-Album. Wirkte das letzte Werk vom optischen Eindruck her eher düster, so überrascht das neue Werk vor allem durch zwei äußere Merkmale: 1.: Der Titel des Albums ist schlicht „Pearl Jam“ betitelt. 2.: Das Cover zeigt eine halbierte Avocado (!). Spielen Pearl Jam damit etwa auf das Denkvermögen von George W. Bush an? Könnte immerhin sein, denn schon beim Aufklappen des Digipaks enthüllt sich die schreckliche Wahrheit: Die Band als „Pile of Skulls“, also als enthaupteter Schädelhaufen. Reichlich Kunstblut und Schmodder komplettieren das splattermäßige „Bandfoto“, das zusätzlich noch durch eine – ebenfalls nicht eben gemütliche – Fotomontage eines sich puzzlemäßig auflösenden Kopfes (Vedder?) eingerahmt wird. Die Musik geht so geradlinig und kompromisslos nach vorne los, wie seit mindestens „Vitalogy“ nicht mehr. Insbesondere die höchst gelungene Single-Auskopplung „World Wide Suicide“ könnte auch problemlos in der Playlist von „Vs.“ oder gar dem famosen Debüt „Ten“ stehen. Und so geht es dann erst einmal weiter. Hätte die gute alte Schallplatte noch Konjunktur, würde man vermutlich eine „wütende A-Seite“ attestieren. Wütend sind im Übrigen auch die Texte. Im mit platzenden Schädeln und krabbelnden Kakerlaken passend dekorierten Booklet wird festgestellt, das das Leben ein Vakuum sei und man selbst nicht mehr als ein Objekt. Das Individuum funktioniere am besten als Kanonenfutter im weltweiten Selbstmord. Und wenn man schon eins in die Zähne kriegt, dann aber richtig und gleich noch ein paar Mal nachgelangt. Harter Tobak – insbesondere für eine US-amerikanische Band, die dazu noch absolut massenkompatible Verkaufszahlen aufweist. Musikalisch ist nicht nur die Aggression alter Tage wieder da, sondern es konnte auch das Qualitätsniveau der letzten Veröffentlichungen „Binaural“ und „Riot Act“ weitgehend gehalten werden. Songs wie „Marker in the Sand“ („Four Sticks“-Reminiszenz in der Strophe trifft auf John Denver-mäßige Melodie im Refrain), „World Wide Suicide“ (Finde keine Worte, hart, wütend, Knüller!), „Big Wave“ (hier merkt man einmal mehr den allgegenwärtigen Led Zeppelin-Einfluss) oder „Inside Job“ (resignative Ballade mit einem Anfang á la „Welcome to the Machine“) stellen klar: Hier ist ein Album am Start, das vor guten Songs nur so wimmelt. Prädikat: Unbedingt empfehlenswert! |
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