Johann Stamitz - Klarinettenkonzert & Sinfonien - (1975)
• • • Johann Stamitz - Klarinettenkonzert B-Dur, Symphonie G-Dur, Symphonie op. 4 Nr. 2, Symphonie op. 3 Nr. 2Kratzbürstige Wiederentdeckungvon Rainer Aschemeier • 23. Dezember 2007 Zufall oder Absicht? Nachdem Sony Music bereits im Spätherbst 2007 mit Wiederveröffentlichungen von Concentus Musicus/Harnoncourt-Aufnahmen aus der Reihe „Das Alte Werk“ auf den Markt kam, versucht nun auch Universal Music/Decca sein Glück und präsentiert Wiederveröffentlichungen und – man höre und staune – sogar CD-Erstausgaben von Klassikern des Alte Musik-Labels „L’oiseau Lyre“. Bei der ersten „Staffel“ dieser Re-Releases handelt es sich vor allem um einige Aufnahmen der Academy of Ancient Music unter ihrem Gründer und Leiter Christopher Hogwood. Ähnlich wie die frühen Aufnahmen des Concentus Musicus unter Nikolaus Harnoncourt ist an diesen Wiederveröffentlichungen gut abzulesen, wie sich die „historisch informierte Aufführungspraxis“ im Laufe ihrer noch nicht langen Geschichte selbst gewandelt hat und eine eigene „Historie“ entwickelt hat. Die vorliegende CD mit dem Klarinettenkonzert und drei Sinfonien des einstigen Mannheimer Hofkapellmeisters Johann Stamitz (Vater des wohl etwas bekannteren Carl Stamitz) zeigt sehr deutlich, was sich da bei den „Originalklang“-Deutern in den letzten rund dreißig Jahren getan hat. Während man heute z. T. in puncto Intonationsqualität kaum noch Abstriche machen muss und gelegentlich Orchester wie die (ebenfalls auf historischen Instrumenten musizierenden) Sonatori de la Goiosa Marca kaum noch von „modernen“ Kammerorchester unterscheiden kann, klingt es bei der 1974er-Aufnahme der Academy of Ancient Music teilweise noch recht kratzbürstig um nicht zu sagen widerborstig. Einspielungen wie diese waren es wohl, die einst kampfeslustige Diskussionen um Pro und Contra der historischen Aufführungspraxis einläuteten. „Muss das eigentlich so schräg und kratzig klingen?“ mag sich manch einer gefragt haben. Und dann die historische Klarinette: Wer es nicht wüsste, würde hinter dem piepsigen Etwas auf dieser CD wohl kaum eine Klarinette vermutet haben. Wenngleich konstatiert werden muss, dass die Stamitz-Compilation der Academy also nicht mehr dem heutigen Standard entspricht (worauf fairerweise im interessanten und differenzierten Booklet-Text hingewiesen wird), handelt es sich dennoch um ein bedeutendes Tondokument. Es gibt uns viel zu denken: Zum einen daher, weil erst Musiker wie Christopher Hogwood und sein Orchester so schöne Stücke wie die Stamitz-Werke nicht nur wieder aus Archiven und von Dachböden geborgen haben, sondern auch mit Original-Instrumenten aus der jeweiligen Zeit wieder aufgeführt haben. Damals lief das offenbar noch alles recht willkürlich, weshalb moderne Aufnahmen der „historisch informierten“ Orchester wesentlich runder klingen. Fazit: Ein musikgeschichtliches Zeitdokument, das neue/alte Fragen im Bereich der historischen Aufführungspraxis nahe legt. Zum Anhören jedoch wohl hauptsächlich für beinharte Fans der Bewegung (oder von Johann Stamitz bzw. der Mannheimer Frühklassik) ein Vergnügen. |
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