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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

M. Weinberg – Sinfoniettas Nr. 1 & 2 / Sinfonie Nr. 7
Moscow Chamber Orchestra – R. Barschai / Orchester der Staatsakadmie der UdSSR – E. Svetlanov

(2014)
Melodiya

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Mieczysław Weinberg – Sinfoniettas Nr. 1 & 2 / Sinfonie Nr. 7, Op. 81

Rare Weinberg-Dokumente aus den 1960er-Jahren

von Rainer Aschemeier  •  3. Juli 2014
Katalog-Nr.: MEL CD 10 02180 / EAN: 4600317121809

Mieczysław Weinbergs derzeit in kaum geahnten Umfang stattfindende Wiederentdeckung dürfte die größte „Komponistenausgrabung“ seit den 1970er-/1980er-Jahren sein, als Gustav Mahler und Jean Sibelius verspätet ihren Weg in den Klassik-Mainstream fanden.
Dabei sollte man nicht vergessen, dass die derzeitige und vollauf berechtigte Weinberg-Begeisterung ein Phänomen der 2000er- und 2010er-Jahre ist. Vorher hat Mieczysław Weinberg auf Tonträger kaum stattgefunden.

Selbst in Weinbergs musikalischer Heimat Russland hat es nur wenige Schallplatten-Aufnahmen zu Lebzeiten des Komponisten gegeben, der überdies lange Zeit unter den Repressalien sowjetischer Kulturpolitik zu leiden hatte.
Die nach meinen Recherchen erstmals auf CD verfügbaren Einspielungen, die diese neue Melodiya-CD bereitstellt, ist denn auch so etwas wie eine kleine Sensation: Echte Weinberg-Tondokumente aus der Zeit, als der Komponist noch in Saft und Kraft stand und Sinfonie auf Sinfonie komponierte – eine besser als die andere.

Die Sinfonietta Nr. 1 bekommen wir vom Staatsakademieorchester der UdSSR unter Leitung Evgeny Sventlanovs serviert. „Von wem sonst?“ ist man versucht zu sagen, denn unter den angeblich 800 Einspielungen, die Svetlanov in der Sowjetunion realisierte, ist wohl jeder Sowjetkomponist, der auch nur halbwegs Geltung hatte, irgendwo wenigstens einmal vertreten.

Positiv überraschend sind daher schon eher die Aufnahmen der Sinfonietta Nr. 2 und der (in Weinbergs Sinfonieschaffen zumal sehr wichtigen) Sinfonie Nr. 7 durch das legendäre Moscow Chamber Orchestra unter Leitung seines Gründers Rudolf Barschai. Weinberg widmete die siebte Sinfonie, die neben einem Streichorchester auch ein Cembalo als Soloinstrument vorsieht, übrigens Barschai, weswegen wir hier ein wirklich authentisches Tondokument bestaunen dürfen.

Die siebte Sinfonie ist denn auch das Highlight der CD. Ungleich den Sinfoniettas Nikolai Mjaskowskis, die seine Sinfonien qualitativ nicht selten sogar überflügelten, scheint sich Weinberg die Bezeichnung „Sinfonietta“ vor allem für eher propagandataugliche Stücke aufgespart zu haben, deren eher konservative Musiksprache wohl die sowjetischen Musik-Apparatschiks befriedigen sollte.
Bei Evgeny Svetlanov ist solche Musik freilich in den besten Händen. Mit viel Blech und dem typischen Sound alter russischer Sinfonieorchester ersteht Weinbergs Sinfonietta Nr. 1 als Paradestück sowjetischer Musikauffassung.

Mit wesentlich mehr Fingerspitzengefühl nähern sich Rudolf Barschai und sein Kammerorchester der zweiten Sinfonietta und der Sinfonie Nr. 7. Letztere haben wir schon in einer modernen Einspielung der Göteborger Sinfoniker unter Thorbjörn Svedlund beim chandos-Label kennengelernt. Doch – wie auf diesen Seiten schon des Öfteren angemerkt – hinterließen die Weinberg-Einspielungen aus Göteborg nie einen wirklich begeisternden Eindruck.
Diese Barschai-Aufnahme begeistert hingegen sehr. Zwar kann der Klang eher als „historisch“ verbucht werden, und auch ein paar spieltechnische Patzer sind hier und da zu hören, doch die atmosphärische Seite dieser Musik sowie zumal die ungeheure dynamische Bandbreite dieser Sinfonie (die im Vergleich bei den Göteborgern fast fahl und einfarbig klingt), ist hier absolut außergewöhnlich.

Fazit: Nicht jeder braucht dieses Album, selbst eingeschworene Weinberg-Anhänger wohl nicht unbedingt. Wer jedoch Weinbergs wunderschöne siebte Sinfonie zu seinen Lieblingsstücken zählt, sollte diese Aufnahme des Stücks auf jeden Fall besitzen, denn ihr sollte in meinen Augen zurzeit der Referenzwimpel umgehängt werden. Die Sinfoniettas auf dieser CD sind im direkten Vergleich in der Weinberg-B-Liga anzusiedeln, die es – wie Weinberg-Kenner wohl wissen – durchaus gibt. Im Fahrwasser der fortlaufenden Weinberg-Sinfonieneditionen von chandos, NEOS und Naxos kommen nun auch andere Werke ans Tageslicht, die nicht immer zum Besten zählen, was der polnisch-russische Schostakowitsch-Freund komponiert hat. Die Sinfoniettas zählen in meinen Augen zu ebendiesen Stücken.

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