Cello con Fuoco – Bach, Ligeti, KodályTeilweise rares Repertoire für Solocello in einer Aufnahme mit Hifi-Faktorvon Rainer Aschemeier • 23. Mai 2014
„Schon wieder so eine CD mit verfehltem Titel“, war der erste Gedanke der mir durch den Kopf schoss, als ich das schöne Soloalbum der Solocellistin des Leipziger Gewandhausorchesters – Veronika Wilhelm – zum ersten Mal in Händen hielt. Ich frage mich dann stets: Wie kann so etwas sein!? Die Verantwortlichen bei der Plattenfirma werden doch auch Ohren haben! Im Booklet-Text wird ja zudem ganz richtig betont, wie intellektuell anspruchsvoll, oftmals abstrakt und eigentlich auch introvertiert die schmale Literatur für Solocello zumeist (und so auch in diesem Fall überwiegend) ist. Hört man nämlich rein in dieses Album, erwartet einen zutiefst anspruchsvolle Musik, die sich nicht beim ersten Hören erschließt. Dabei überraschend: Die Sonate für Solocello von Ligeti ist vergleichsweise expressionistisch-spätromantisch im Duktus, während die Solocellosonate Zoltán Kodálys (von dem man eher Musik in dieser Façon erwartet hätte) sich als ein bemerkenswert modernes, kratzbürstiges Stück entpuppt, das an die Grenzen dessen geht, was man anno 1915 wohl für machbar hielt. Der Modernität Bártoks steht diese Sonate jedenfalls in nichts nach. Die Kodály-Sonate ist zudem das einzige Stück auf diesem Album, dem zumindest am Rande ungarisch-folkloristische Züge attestiert werden können. Da scheinbar kein Album für Solocello ohne irgendeine Solosuite Johann Sebastian Bachs auskommt, wurde auch bei dieser CD Bachs c-Moll-Suite BWV 1011 als Opener hinzugefügt. Und so hört sich das dann auch an. Veronika Wilhelm ist hörbar begeistert von der Musik Ligetis und Kodálys, erscheint dort auch ganz in ihrem Element. Ihre bemerkenswerte Virtuosität erscheint mit dieser rundum modernen Musik einfach zu harmonieren. Ligetis und Kodálys Sonaten klingen bei Wilhelm einfach stimmig, auch wenn sie sich stellenweise (etwa im letzten Satz der Kodály-Sonate) etwas zu sehr gegen das folkloristische Element der Musik zu sperren scheint (etwa, wenn das Cello mit einem eigentlich saftig-dick aufzutragendem Bordun-Effekt und anschließenden Czardas-artigen pizzicati stellenweise ausnahmsweise mal wirklich tief in die ungarische Volkstümlichkeit eintaucht). Zum Aufnahmeklang ist abschließend zu sagen, dass (wie man es beim Label klanglogo, das ein Ableger von Rondeau production ist, kaum anders erwartet hätte) diesem Album in jeder Hinsicht HiFi-Tauglichkeit attestiert werden kann. Mit viel Raumklang (der intensive Atemgeräusche der Solistin leider nicht ausschließt) wurde hier eine wunderbar natürliche, räumliche und präsente Klangkulisse erarbeitet, die dem viel zitierten Klischee von der Musik, die sich von den Boxen zu lösen und sich ganz im Hörraum zu manifestieren scheint, neue Nahrung gibt und beweist: Auch wenn es auf 99% aller Alben, die mit diesem Klischee werben nicht zutrifft, gibt es zwischendurch eben doch immer mal wieder solche HiFi-Glücksmomente. Fazit: Wer das Album ohne den Bach-Beitrag hört, erhält eine Repertoirebereicherung, die jede HiFi-Anlage schmückt, und das in gelungenen Interpretationen, die auch übermorgen nicht überholt sein werden. Und den missgeleiteten Albumtitel? Bitte einfach vergessen! |
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