D. Schostakowitsch - Sinfonie Nr. 14 (2014)
• • • • • Dmitri Schostakowitsch - Sinfonie Nr. 14Hosen runter! Schostakowitschs 14. Sinfonie zeigt, was Petrenko wirklich drauf hat.von Rainer Aschemeier • 7. Mai 2014
Schon einige Male hatten wir an dieser Stelle über Vasily Petrenkos weithin beachteten Schostakowitsch-Zyklus berichtet (so etwa hier und hier). Nun biegt der junge Dirigent mit seinem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra auf die Zielgerade ein, und das mit der heiklen Sinfonie Nr. 14. Die ist nicht selten ein Schwachpunkt vieler Schostakowitsch-Gesamtaufnahmen, und so durfte man natürlich gespannt sein, was Petrenko aus diesem Stück macht. Bei Schostakowitschs Sinfonie Nr. 14 steht zudem immer die Frage im Raum: In welcher Sprache führt man dieses „sinfonische Oratorium“ eigentlich auf? Nimmt man ausschließlich russische Texte – also Übersetzungen der Rilke-, Apollinaire- und Lorca-Gedichte, die Schostakowitsch in dieser Sinfonie zu einer Art „literarischem Totentanz“ geformt hat (Küchelbecker schrieb ja russisch, sodass man den nicht übersetzen muss)? Oder nimmt man die jeweils originalsprachlichen Versionen (so wie es – um nur ein prominentes Beispiel zu nennen – Bernard Haitink bei seiner gefeierten Gesamtaufnahme in den 1980er-Jahren gemacht hatte)? Petrenko entschied sich für die komplett russische Variante, und das ist nur gut so. Dies ist die Version der Sinfonie, in der sie auch bei ihrer Uraufführung zu hören war. Übrigens ist die Geschichte dieses Stücks, das quasi zwei Uraufführungen erlebte, hochinteressant – und in diesem Zusammenhang ist der ausgezeichnete Booklet-Text von Richard Whitehouse sehr zu loben. Ein weiteres Kriterium ist bei dieser Sinfonie die Qualität der zur Verfügung stehenden Gesangssolisten. Vasily Petrenko hatte aber auch in diesem Punkt ein gutes Händchen: Sopranistin Gal James singt äußerst akkurat, besitzt zudem eine Stimmfülle, die mit viel Tiefentimbre einhergeht. Demnach klingt sie in der Höhe nie scharf und hat in der Tiefe viele Reserven, die sie scheinbar ohne Mühe ausschöpfen kann. Sie meistert diese anspruchsvolle Sinfonie offenbar ohne mit der Wimper zu zucken. Am Ende bleibt der Eindruck, dass Petrenkos Schostakowitschzyklus große Ähnlichkeiten mit Mariss Jansons‘ ausweist – was ausdrücklich als Kompliment gemeint ist. Natürlich bleibt damit auch viel Geschmackssache: Petrenko ist einer, der einen aufgeräumten Schostakowitsch bietet. An einigen Stellen bleibt manche Tiefgründigkeit dieser Musik da und dort vielleicht unerschlossen. Aber im Großen und Ganzen ist Petrenkos Zyklus ein sehr positives Beispiel. Denn Schostakowitschzyklen, bei denen ausschließlich psychologisiert wird, was nicht selten auf Kosten der musikalischen Transparenz geschieht, haben wir wahrlich genug erlebt. Ich denke: Petrenko repräsentiert mit seinem Ansatz die optimale Versöhnung beider Elemente: Akuratesse und Emotion. Insofern ist dieser „thinking man’s Shostakovich“ wirklich eine gute (und dank Naxos übrigens auch günstige) Wahl, wenn man eine aktuelle Einspielung von Schostakowitschs 14. Sinfonie sucht. |
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