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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

L. v. Beethoven - Klavierkonzerte Nr. 1-5
Academy of St Martin-in-the-Fields - Sir Neville Marriner; Murray Perahia (Klavier)

(2014/1988)
EuroArts / Vertrieb: Naxos

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Ludwig van Beethoven - Klavierkonzerte Nr. 1-5

Geburtstagspräsent?

von Rainer Aschemeier  •  31. März 2014
Katalog-Nr.: 3085294 / EAN: 880242852946

Ein mögliches Missverständnis möchte ich gleich zu Beginn dieser Rezension aus dem Weg räumen: Die auf dieser neuen Blu-ray erschienenen Konzertmitschnitte sind keine neuen Aufnahmen, sie sind aber auch nicht uralt.

Das ist vor allem deshalb wichtig, weil es unter Murray Perahia-Fans so etwas wie zwei verschiedene „Zeitrechungen“ gibt: Vor den gesundheitlichen Problemen und nach den gesundheitlichen Problemen (die sich im Falle Perahias bekanntlich bis heute hartnäckig halten und leider immer wieder die Karriere dieses großen Pianisten beeinflussen).
Etwas blauäugig werden dann oft die klingenden Ergebnisse der „gesunden“ Phase über den grünen Klee gelobt, während man in Rezensionen zu Perrahias Einspielungen aus späteren Phasen oft von irgendwelchen Einschränkungen liest, die es objektiv betrachtet meist gar nicht gibt.

Diese Liveaufnahmen stammen aus der „gesunden“ Phase, genauer aus dem Jahr 1988, also vier Jahre bevor eine Entzündung des Daumens Perahia für mehrere Jahre in die Zwangspause schickte.

Schauen wir einmal auf die Kopplung Perahia/Academy of St Martin-in-the-Fields/Marriner. Diese Besetzung ist durchaus glorreich. Immerhin haben wir es hier mit der Besetzung zu tun, der bis heute der „ewige Referenzorden“ für die Mendelssohn-Klavierkonzerte umhängt. Jene 1974er-CBS-Einspielung (heute bei Sony Classical) ist eine der zeitlosen Großtaten der Tonträgergeschichte und wird wohl ewig ihre Fans finden.

Als merkwürdig erscheint es da, dass diese Beethoven-Aufnahmen nie eine ähnliche Breitenwirkung erzielt haben…

oder?

Nun, aus der Diskografie der Academy of St Martin-in-the-Fields aus dem Jahr 1999 erfahren wir, dass diese Aufnahmen ursprünglich für ein Set von VHS-Videocassetten gedreht wurden, das in Kooperation mit der BBC entstehen sollte – ...aber nie entstand.
Die Mitschnitte wurden stattdessen im Rahmen einer Fernsehreihe gesendet und verschwanden danach im Archiv. Eine Auswertung der Tonspur, etwa für eine Veröffentlichung der Liveaufnahmen auf LP und CD, also ohne Bild, erfolgte nie.
Demnach ist es kein Wunder, dass diese Dokumente nie eine größere Bekanntheit erreicht haben. Unter Marriner- und Perahia-Fans galten diese Aufnahmen gerade wegen ihrer Seltenheit stets als geheimnisumwittertes Bild- und Tonmaterial, das jeder sehen wollte.

Vor einiger Zeit erschienen sie dann auf DVD, und die Freude war groß. Nun sind die Beethoven-Konzerte auch auf Blu-ray erschienen, wobei fraglich ist, ob die naturgemäß eingescränkte Bildqualität der 1980er-Jahre im 4:3-Format unbedingt ein Remastering auf Blu-ray bedurft hätte. Sehr erfreulich ist es trotzdem. Zwar gibt es auch hier „nur“ PCM Stereo-Sound, also CD-Qualität, aber hier war immerhin ein Tonmeister am Werk, der sein Handwerk verstand.
Der Klang ist trotz seines Alters erfreulich räumlich, präsent und frisch. Lediglich die Nebengeräusche der Livesituation bilden stellenweise einen gewissen Wermutstropfen.
Außerdem gibt es hier auch praktische Gründe, die für die Blu-ray sprechen, denn auf der liegen alle Beethoven-Konzerte gebündelt vor, während die DVD-Ausgabe zwei Discs umfasst, die man entsprechend wechseln muss, wenn man ein wenig „herumzappen“ oder bestimmte Stellen aus verschiedenen Konzerten studieren möchte. Bei der Blu-ray ist das wie gesagt kein Problem.

Die Interpretation ist ein typischer Marriner-Beethoven: Sehr agil und schlank, äußerst akkurat und präzise, während eine gewisse „Zahmheit“ im gesamten Ansatz nicht verleugnet werden kann. Wer die höchst interessanten und nicht ausschließlich guten Beethoven-Sinfonien in der Marriner-Diktion (einst bei Philips Classics erschienen und seitdem nie wiederveröffentlicht) kennt, weiß, dass Beethoven unter Marriner öfters wie Haydn klingen kann. Darauf muss man auch hier gefasst sein.
Murray Perahia trägt mit seinem äußerst eleganten, stilvollen Vortrag ein Übriges dazu bei, dass diese Beethoven-Konzerte einen rundum kontrollierten Eindruck hinterlassen.

Als Studienmaterial haben wir hier geradezu vorbildliche, lupenreine Beethoven-Konzerte, die man sich nicht besser denken kann. In punkto Leidenschaft gilt es hier allerdings manchmal Abstriche in Kauf zu nehmen. Nichtsdestotrotz ist diese Edition objektiv gesehen absolut mustergültig. Ich persönlich kann mich – auch aufgrund der etwas inspirationsarmen Regie – des Eindrucks nicht erwehren, den ich seinerzeit im Musikunterricht in der Schule hatte: Die Optik dieser Konzertmitschnitte erinnert in der Tat frappierend an das „Schulfernsehen“ der 1970er- und 80er-Jahre.

Nicht nur deswegen würde man sich wünschen, dass sich rechtlich irgendeine Möglichkeit finden ließe, um diesen schönen, perfekt gespielten und besetzungsmäßig hochinteressanten Beethoven-Zyklus mal als reinen Audio-Release, zum Beispiel auf CDs, zu bekommen. Aber vorerst sei diese Blu-ray-Ausgabe wärmstens empfohlen.

Sie dürfte vom Label wohl nicht zuletzt auch als eine Art „Geburtstagspräsent“ für Sir Neville Marriner gedacht sein, der im April 2014 sage und schreibe seinen 90sten Geburtstag feiert.

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