L. v. Beethoven - Klavierkonzerte Nr. 1-5 (2014/1988)
• • • • Ludwig van Beethoven - Klavierkonzerte Nr. 1-5Geburtstagspräsent?von Rainer Aschemeier • 31. März 2014
Ein mögliches Missverständnis möchte ich gleich zu Beginn dieser Rezension aus dem Weg räumen: Die auf dieser neuen Blu-ray erschienenen Konzertmitschnitte sind keine neuen Aufnahmen, sie sind aber auch nicht uralt. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil es unter Murray Perahia-Fans so etwas wie zwei verschiedene „Zeitrechungen“ gibt: Vor den gesundheitlichen Problemen und nach den gesundheitlichen Problemen (die sich im Falle Perahias bekanntlich bis heute hartnäckig halten und leider immer wieder die Karriere dieses großen Pianisten beeinflussen). Diese Liveaufnahmen stammen aus der „gesunden“ Phase, genauer aus dem Jahr 1988, also vier Jahre bevor eine Entzündung des Daumens Perahia für mehrere Jahre in die Zwangspause schickte. Schauen wir einmal auf die Kopplung Perahia/Academy of St Martin-in-the-Fields/Marriner. Diese Besetzung ist durchaus glorreich. Immerhin haben wir es hier mit der Besetzung zu tun, der bis heute der „ewige Referenzorden“ für die Mendelssohn-Klavierkonzerte umhängt. Jene 1974er-CBS-Einspielung (heute bei Sony Classical) ist eine der zeitlosen Großtaten der Tonträgergeschichte und wird wohl ewig ihre Fans finden. Als merkwürdig erscheint es da, dass diese Beethoven-Aufnahmen nie eine ähnliche Breitenwirkung erzielt haben… oder? Nun, aus der Diskografie der Academy of St Martin-in-the-Fields aus dem Jahr 1999 erfahren wir, dass diese Aufnahmen ursprünglich für ein Set von VHS-Videocassetten gedreht wurden, das in Kooperation mit der BBC entstehen sollte – ...aber nie entstand. Vor einiger Zeit erschienen sie dann auf DVD, und die Freude war groß. Nun sind die Beethoven-Konzerte auch auf Blu-ray erschienen, wobei fraglich ist, ob die naturgemäß eingescränkte Bildqualität der 1980er-Jahre im 4:3-Format unbedingt ein Remastering auf Blu-ray bedurft hätte. Sehr erfreulich ist es trotzdem. Zwar gibt es auch hier „nur“ PCM Stereo-Sound, also CD-Qualität, aber hier war immerhin ein Tonmeister am Werk, der sein Handwerk verstand. Die Interpretation ist ein typischer Marriner-Beethoven: Sehr agil und schlank, äußerst akkurat und präzise, während eine gewisse „Zahmheit“ im gesamten Ansatz nicht verleugnet werden kann. Wer die höchst interessanten und nicht ausschließlich guten Beethoven-Sinfonien in der Marriner-Diktion (einst bei Philips Classics erschienen und seitdem nie wiederveröffentlicht) kennt, weiß, dass Beethoven unter Marriner öfters wie Haydn klingen kann. Darauf muss man auch hier gefasst sein. Als Studienmaterial haben wir hier geradezu vorbildliche, lupenreine Beethoven-Konzerte, die man sich nicht besser denken kann. In punkto Leidenschaft gilt es hier allerdings manchmal Abstriche in Kauf zu nehmen. Nichtsdestotrotz ist diese Edition objektiv gesehen absolut mustergültig. Ich persönlich kann mich – auch aufgrund der etwas inspirationsarmen Regie – des Eindrucks nicht erwehren, den ich seinerzeit im Musikunterricht in der Schule hatte: Die Optik dieser Konzertmitschnitte erinnert in der Tat frappierend an das „Schulfernsehen“ der 1970er- und 80er-Jahre. Nicht nur deswegen würde man sich wünschen, dass sich rechtlich irgendeine Möglichkeit finden ließe, um diesen schönen, perfekt gespielten und besetzungsmäßig hochinteressanten Beethoven-Zyklus mal als reinen Audio-Release, zum Beispiel auf CDs, zu bekommen. Aber vorerst sei diese Blu-ray-Ausgabe wärmstens empfohlen. Sie dürfte vom Label wohl nicht zuletzt auch als eine Art „Geburtstagspräsent“ für Sir Neville Marriner gedacht sein, der im April 2014 sage und schreibe seinen 90sten Geburtstag feiert. |
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