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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

P. Hindemith - Musik für Violoncello
Séabstien Hurtaud (Cello) & Paméla Hurtado (Klavier)

(2014)
Naxos

• • •

Paul Hindemith - Musik für Violoncello

Das Debütalbum zweier "Prizewinner"

von Rainer Aschemeier  •  18. Januar 2014
Katalog-Nr.: 8.573172 / EAN: 747313317271

In der „Laureate Series“ veröffentlicht Naxos schon seit Jahren die CD-Debüts junger Künstler, die man als „frischgebackene Preisträger“ bezeichnen kann. Bekanntlich ist die Klassikszene schon seit vielen Jahren vor allem ein durch Wettbewerbe geprägtes Geschäft. Wer einen der hoch dekorierten Preise ergattern kann, dem winkt mit einer gewiss höheren Wahrscheinlichkeit als denen, die ohne Preis gut sind eine internationale Solistenkarriere.

Bedenkt man aber, wie viele Wettbewerbe und somit auch Preise es heutzutage gibt, so muss man sich nicht wundern, wenn es trotzdem nicht alle Preisträger auch zu Starruhm schaffen.
Insofern ist Naxos‘ „Laureate Series“ sicherlich ein schönes Karrieresprungbrett für die beteiligten Künstler. Und, nicht zu vergessen, für das Publikum der eigenen Konzerte haben die Musiker dann auch etwas für den Verkaufsstand an der Abendkasse – damit man als Neuling den geneigten Zuhörern auch über längere Zeit positiv im Gedächtnis bleibt.

Sébastien Hurtaud ist also so ein „Prizewinner“. Der französische Cellist hat – jeweils mit den höchsten Auszeichnungen – Studien an nicht weniger als fünf renommierten Musikhochschulen abgeschlossen (zwei in Paris, eine in Bologna, eine in Dallas und noch eine in Manchester). Dazu hat er schon drei Preise gewonnen, von denen 2009 sein Preis bei der Adam International Cello Competition (nennt sich heute New Zealand International Cello Competition) womöglich das bisherige Highlight sein dürfte.
Auf seinem Debüt widmet sich der junge Cellist – man glaubt es kaum, der Mann hat auch noch Geschmack! – ganz dem Schaffen für Violoncello und Klavier von Paul Hindemith. Das ist ungewöhnlich und in meinen Augen besonders löblich, denn mehr Fürsprecher für Hindemiths Musik können wir wahrlich brauchen.

Hindemiths Schaffen für Cello und Klavier erstreckt sich zudem über mehrere Jahrzehnte, von 1914 bis 1948 und schafft somit einen wunderbaren Einblick in die verschiedenen Schaffensphasen des Meisters aus Hanau.
Die „Drei Stücke“ Op. 8 sind – gerade in Anbetracht des eher revolutionär aufgelegten frühen Hindemith – erstaunlich voluminös spätromantische Werke, von denen man es auch glauben würde, hätte jemand behauptet, sie stammten etwa von Walter Braunfels oder Hans Pfitzner.

Schlagartig wird es dann modern, mit den Variationen zu dem englischen Kinderlied „A frog he went a-courting“ (1941) sowie der wunderbaren Sonate für Solo-Cello (1922), in der Hindemith zum einen das Erbe Johann Sebastian Bachs reflektiert, zum anderen aber kratzbürstiges, eigenständiges und ziemlich radikal expressionistisches Meisterwerk geschaffen hat, das zu den wohl technisch anspruchsvollsten Kammermusikwerken gehört, die dieser große deutsche Komponist geschaffen hat.
Mit der Sonate für Cello und Klavier (1948) zeigt sich Hindemith abschließend in seinem reifen Spätstil, der diese unverkennbaren, typischen „Mathis-Harmonien“ beinhaltet und der wohl für die meisten Hindemith-Hörer zum reizvollsten gehört, wenn es um das Werk dieses Komponisten geht.

Kommen wir zur Interpretation: Sébastien Hurtaud ist technisch perfekt – keine Frage. So intonationsrein, wie er auf diesem Album selbst technisch schwierigste Passagen meistert, gibt es keinen Zweifel daran, dass er zumindest aus dieser Perspektive alle Preise dieser Welt wohlverdient hat.
Aber: Es „schnarrt“ doch nicht unerheblich, was darauf hindeutet, dass Hurtaud eventuell mit einer eher laschen Saitenspannung und einer vergleichsweise tiefen Saitenlage spielt – was unter Cellisten eher als „Trick 17“ gilt. Des Weiteren ist sein lyrisch-emotionaler Zugriff auf die Musik nicht auf vergleichbarem Niveau zu seiner technischen Meisterschaft angesiedelt. Das mag bei der Musik Hindemiths noch durchgehen. Stelle ich mir diesen Cellisten allerdings mit einem Beethoven-Programm vor, bin ich nicht überzeugt, ob mich das restlos begeistern würde.
Ganz ähnliche Umstände gelten für Hurtauds Duettpartnerin Paméla Hurtado: Auch sie spielt technisch perfekt und emotional eher kühl-distanziert – was, wie gesagt, für Hindemiths Musik ein gar nicht mal so abwegiger Ansatz ist. Somit mag dieser erste Eindruck auch bewusst interpretationsbedingt sein.

Kurz und gut: Das Debüt beider Musiker ist gelungen, wenngleich man nicht gleich von einer sensationellen Entdeckung schwärmen wird, wenn man es hört. Hindemiths Musik ist – wie immer – lohnenswert und spannend, wobei vor allem die fantastische Solo-Cello-Sonate auf diesem Album ein Ausrufezeichen setzt. Der Sound der CD ist in der dem Nimbus‘-Label gehörenden Konzerthalle von Wyastone Leys durch den renommierten Tonmeister Phil Rowlands aufgezeichnet worden. Mir persönlich ist auf dem resultierenden Album das Klavier etwas zu laut und insgesamt ist mir die Aufnahme zu wenig transparent. Alles in allem haben wir aber auch in dieser Hinsicht ein gutes Album, das sich in keinster Weise verstecken muss.

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