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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

G. Mahler - Sinfonie Nr. 4 / C. Debussy - "Prélude à l'après midi d'un faune" in Kammermusik-Arrangements von E. Stein
Royal Academy of Music Soloists Ensemble - T. Pinnock; S. Grané (Sopran)

(2013)
Linn / Vertrieb: Naxos

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Gustav Mahler - Sinfonie Nr. 4 / Claude Debussy - "Prélude à l'après midi d'un faune" in Kammermusikarrangements von Erwin Stein

Aus Schönbergs Tagen...

von Rainer Aschemeier  •  1. Dezember 2013
Katalog-Nr.: CKD 438 / EAN: 691062043823

Mahlers Vierte mit gerade einmal 14 Instrumentalisten! „Von wem stammt denn diese verrückte Idee?“, wird sich mancher denken – und wird sich wundern, wenn er hört, dass Arnold Schönberg sie hatte. Doch wundert sich nur der, der nicht weiß, dass Schönberg einst einen Verein für musikalische Privataufführungen gegründet hatte. Dieser hatte zum Ziel, Werke, die in den großen Konzertsälen erklangen, auch für Aufführungen in kleineren Gesellschaften lebendig zu machen.

Schon in den frühen 1990er-Jahren konnten wir hervorragende CD-Einspielungen von Arrangements aus dieser Phase Schönberg’scher Aktivität entgegennehmen, z. B. auf dem Label cpo, das in großartigen Darbietungen Schönberg-Arrangements von Johann Strauss-Walzern aufgelegt hatte.

Nun führt uns das schottische HiFi-Label „Linn“ in „ernsthaftere“ Gefilde mit Erwin Steins in den 1920er-Jahren für Schönbergs Gesellschaft angefertigten Arrangements von Claude Debussys „Prélude à l’après midi d’un faune“ sowie Gustav Mahlers wunderschöner Sinfonie Nr. 4.
Das seinerzeit von Stein verwendete Instrumentarium umfasst neben den „typischen“ Instrumenten wie Violine, Viola, Kontrabass, Cello, Flöte, Oboe, Klarinette auch zwei Klaviere, einige Perkussionsinstrumente sowie ein Modeinstrument des frühen 20. Jahrhunderts: Das Konzertharmonium.

Man würde erwarten, dass daraus einiges an Farbenreichtum zu generieren wäre, doch Erwin Stein enttäuscht uns in dieser Hinsicht. Alles bleibt vergleichsweise konservativ und in meinen Augen unglücklich klavierlastig. Nur hie und da kann man wirklich spannende Effekte wahrnehmen, wobei vor allem das Konzertharmonium aber auch das Perkussionsinstrumentarium positiv auffällt.
Alles in allem versucht Stein so nah wie möglich an der Ursprungsversion für Sinfonieorchester zu bleiben – ...was zweifellos ein legitimes Unterfangen ist. Aber es bringt auch mit sich, dass das hier zu hörende Arrangement als künstlerisches Werk an sich nicht unbedingt immer zu überzeugen vermag.

Allerdings hat auch die Einspielung, die wir auf dieser Linn-Produktion hören, ihre Schwächen. Vordergründig ist alles blitzeblank und glanzpoliert – wie von Linn nicht anders zu erwarten war. Jedoch schafft es der Alte Musik-Veteran Trevor Pinnock an vielen Stellen nicht, aus den hier musizierenden Solisten der Royal Academy of Music einen Ensembleklang herauszuholen. Man hört an vielen Stellen, dass hier Musiker am Werk sind, die eine Solistenlaufbahn anstreben, keine Karriere im Ensemble. Das hat Stellen zur Folge, bei denen ich persönlich den Eindruck habe, dass hier 14 Solokünstler nebeneinander musizieren, nicht aber wirklich miteinander. Nun kann man trefflich darüber streiten, ob man die Schuld daran dem Dirigenten anlasten sollte (der übrigens in punkto Tempi und Dynamik sehr überzeugende Lösungen anbietet) oder dem „Ensemble“. Ich tendiere eher zum Letzteren.
Dadurch, dass jeder der hier zu hörenden Instrumentalisten seinen Part so spielt, als wäre er der wichtigste in der Partitur, bekommen wir auf dieser SACD-Multikanalproduktion ein über weite Strecken unbefriedigendes, weil uneinheitliches Gesamtbild zu hören.
Sopransolistin Sónia Grané hinterlässt da übrigens noch das überzeugendste Bild mit einer für Mahler-Verhältnisse zwar etwas zu opernhaften Sopranstimme, aber einer ansonsten lupenreinen Leistung, die es höchstens ein wenig am Mut zur Individualität vermissen lässt.

Alles in allem ist dieses Album für „Mahlerianer“ so oder so selbstverständlich ein „Muss“, wenngleich es sowohl von der musikalischen Grundlage – also den Erwin Stein-Arrangements – als auch in der Ausführung durch die Interpreten einen gewissen Hang zur Mittelmäßigkeit nicht verhehlen kann. Das gilt übrigens auch für den Klang der Aufnahme, der die Linn’sche HiFi-Doktrin widerspiegelt: Bloß nicht zu auffällig sein, vor allem die Brillanz betonen, und bevor es irgendwo knackst oder Nebengeräusche gibt, die Transparenz besser etwas einschränken. Mal ehrlich: Echte HiFi wünsche ich persönlich mir kompromisslos und mutig, nicht so mainstreamig wie hier gehört.

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