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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Der Zaubergarten
Maria Lettberg (Klavier)

(2013)
Es-Dur / Vertrieb: edel:kultur

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Der Zaubergarten

Maria Lettberg interpretiert Klaviertranskriptionen, inspiriert von russischen Märchen - wahrlich zauberhaft!

von Rainer Aschemeier  •  24. November 2013
Katalog-Nr. ES 2048 / EAN: 4015372820480

Wer sich schon einmal das Vergnügen gegönnt hat, russische Märchen zu lesen, weiß, dass diese ganz anders geartet sind, als unsere deutschen Gattungsbeispiele. Zu sehr sind wir von den zur Gewohnheit gewordenen Märchensammlungen der Grimms, Hauffs und Andersens dieser Erde beeinflusst, als dass wir uns heute unter dem Märchenbegriff noch viel anderes vorstellen können.

Ein Hauptcharakteristikum der viel ursprünglicher gehaltenen, weniger durch die literarische Romantik verkünstelten russischen Märchen ist zum Beispiel, dass eine durchgehende Handlung, quasi ein „roter Faden“, der eine Geschichte durchwebt, viel weniger von Bedeutung ist, als in den Märchen, die wir von Kindesbeinen an für gewöhnlich hören.
Auch die typischen handelnden Charaktere, die in vielen russischen Märchen immer wieder vorkommen, sind dort alles andere als stereotyp. Während man in einem deutschen Märchen mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen kann, dass eine Hexe in einem Märchen immer Unheil bedeutet, andererseits jedoch in der Regel dergestalt, dass dieses Unheil eine vorübergehende Bedrohung ist, sodass die Geschichte schon gut enden wird, ist der Auftritt einer hexenähnlichen Baba Yaga in einem russischen Märchen stets etwas völlig unvorhersehbares. Es kann sich bei der Baba Yaga sowohl um eine etwas schrullige, eigentlich ganz liebenswerte ältere Dame handeln, als auch um ein grausiges Mischwesen, dass mit seinem Erscheinen den blanken Horror verbreitet und auch Sympathieträger im Märchen ins Verderben stürzt.

Übertragen auf Musik bedeutet all das, dass die russischen Märchen streng genommen viel mehr Raum für subjektive Deutungen zulassen. Das machte diese Märchen einerseits immer sehr reizvoll für Komponisten und bewahrte die dadurch entstandenen Kompositionen vor der Reizlosigkeit allzu schnell gewahr werdender Programmatik.

Und so haben sich vor allem die Komponisten des „Mächtigen Häufleins“ – also jener Vereinigung, die eine nationalrussische Musiktradition begründen wollte – in der Nachfolge Mikhail Glinkas tüchtig aus dem russischen Märchenkanon bedient. Besonders fleißig ist Nikolai Rimsky-Korsakow gewesen, der mehrere Märchenopern geschrieben hat, die, während sie hierzulande fast vergessen sind, in der anglophonen Welt und in ihrer Heimat Russland derzeit spürbar an Bedeutung und Beliebtheit beim Publikum gewinnen.

Die über Schweden nach Berlin ausgewanderte Lettin Maria Lettberg hat auf ihrem charmanten Recital-Album „Der Zaubergarten“ Kompositionen Glinkas, Rimski-Korsakows und Strawinskys ausgewählt, die eigentlich in den Welten von Ballett und Oper entstanden sind. Nachfolgende, zum Teil bedeutende russische Komponisten wie etwa Sergej Liapunow, Sergej Rachmaninoff, Alexander Siloti und auch „nicht-russische“ Komponisten wie Franz Liszt haben diesen Stücken dann durch Transkription ein Klaviergewand angezogen, dass – ich bleibe mal in diesem Bild – mal mehr, mal weniger gut zu passen scheint.

In jedem Fall aber ist es höchst unterhaltsam dabei zuzuhören, wie sich Maria Lettberg hier mit Musik umgibt, die eine wunderbare Melange aus russischer Spätromantik und russischer Märchenseele repräsentiert.
Am bedeutendsten ist sicherlich Igor Strawinskys eigene Klaviertranskription seines „Feuervogels“, charmanter jedoch sind vor allem die Liapunow und Rachmaninoff-Bearbeitungen von Werken Nikolai Rimski-Korsakows.
Wie dem auch sei: Maria Lettberg ist mit ihrem Album „Der Zaubergarten“ etwas gelungen, was zum Titel der CD passt, nämlich ein ganz zauberhaftes Album abzuliefern, das hoffentlich seinen Weg unter manchen Weihnachtsbaum finden wird. Diese CD repräsentiert nämlich eine wunderbare Ausgewogenheit zwischen problemloser Zugänglichkeit auch für Leute, die sich nur gelegentlich für klassische Musik interessieren und einer bedeutenden Werkauswahl in sehr guter Interpretation, sodass auch Klaviermusikkenner die eine oder andere Augenbraue heben dürften, wenn sie diesen Silberling in den CD-Schacht schieben.

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