R. Schumann - Bunte Blätter op. 99, Albumblätter op. 124 (2013)
• • • • • Robert Schumann - Bunte Blätter op. 99, Albumblätter op. 124Tobias Koch führt auf bewährte Weise seine beeindruckende Serie von Schumann-Klaviermusik auf historischen Instrumenten fortvon Rainer Aschemeier • 25. September 2013
Die Interpretation der Klavierwerke von Robert Schumann ist eines der heikelsten Unterfangen, die ein Pianist unternehmen kann. Nicht nur stellt Schumanns Klavierwerk besonders hohe Anforderungen – sei es in spiel- und phrasierungstechnischer Hinsicht oder in den bei Schumann oft heiß diskutierten Belangen des emotionalen Zugriffs, sondern es steht zudem noch unter der Beobachtung einer eingeschworenen Gemeinde begeisterter Kenner und Liebhaber. Wer immer sich Schumanns Klaviermusik nähert, begibt sich daher von Beginn an in eine Arena, in der ebenso scharfzüngig wie begeistert debattiert und gefachsimpelt wird. Nur selten sind daher Interpreten dabei, auf deren CD-Einspielungen sich eine breite Mehrheit der „Schumannianer“ einigen kann. Oft sind die Meinungen innerhalb der Schumann-Jüngerschaft zu unterschiedlich – der eine mag Schumanns Klaviermusik eben hoch dramatisch, der nächste möchte sie gern ein wenig differenzierter. Tobias Koch hat in den letzten Jahren beim deutschen Qualitätslabel „Genuin“ das Kunststück vollbracht, alle, wirklich alle Parteien in dieser Klaviermusikdebatte zu begeistern. Er schaffte das nicht zuletzt durch seine herausragende Persönlichkeit und seinen individuellen Interpretationsstil. Als besonderes Bonmot jedoch hatte sich Tobias Koch auf die Fahnen geschrieben, sich Schumanns Musik auf auserlesenen historischen Konzertflügeln anzunähern. Das ultimative Highlight war wohl Kochs Aufnahme der Schumann-Klavierwerke aus Dresden mit einem faszinierend schön klingenden Erard-Flügel aus dem Jahr 1852. Auf seinem neuesten Album stellt Tobias Koch ein Instrument aus der Pianoforte-Werkstatt Johann Nepomuk Tröndlins ins Zentrum seiner Aufnahme. Es wurde 1830 gebaut und besitzt eine völlig andere Klanglichkeit als der samtig-voluminöse Erard, den Koch bei früheren Projekten verwendet hatte. Kochs Tröndlin-Flügel klingt härter, mechanischer, vielleicht auch trockener. Er lässt seine Abstammung von Cembalo und Clavichord zumindest noch erahnen und ist auf diese Weise ein sehr interessantes Beispiel dafür, wie es in Leipzig geklungen hat, wenn Klaviermusik aufgeführt wurde. Ein Tröndlin-Flügel stand – wie uns das Booklet des Albums informiert – bis 1860 auf dem Podium des Gewandhauses. Der Tröndlin-Sound bestimmte das Musikleben der Stadt. Robert und Clara Schumann – vor allem Clara – scheinen sich im Klang der Tröndlin-Flügel besonders wiedergefunden zu haben und spielten regelmäßig Instrumente aus Tröndlins Werkstatt. Etwas konstruiert finde ich persönlich die „Zuordnung“ der vergleichsweise losen Sammlung von Albumblättern op. 124 zu dem bei dieser Aufnahme eingesetzten historischen Tröndlin-Instrument, aber man braucht eben einen „Aufhänger“, um der Einspielung noch eine interessante Geschichte mit auf den Weg zu geben. Eigentlich bräuchte man gerade das aber nicht, denn Tobias Kochs wieder einmal hervorragende Interpretation spricht für sich. Die Bunten Blätter op. 99 und die o.a. op. 124 gliedern sich nahtlos in Kochs bislang äußerst gelungene Schumann-Serie ein. |
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