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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

E. Satie - Klavierwerke
Jan Kaspersen

(2013)
United Classics / T2International / Vertrieb: membran

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Erik Satie - Klavierwerke

Ein Schlüsselwerk der Satie-Interpretation, endlich wieder verfügbar!

von Rainer Aschemeier  •  12. September 2013
Katalog-Nr.: T2CD2012140 / EAN: 8713545221404

Erik Saties Klavierwerke zählen zu den wenigen „Dauerbrennern“ im Bereich des leider kleinen Zirkels breitenwirksam gewordener Musik der klassischen Moderne.
Wie bei allen Klassik-“Hits“ ist es auch bei Satie irgendwann so weit gewesen, dass plötzlich jede Einspielung irgendwie gleich klang. Irgendwann hatte sich zumindest die „B-Liga“ unter den Interpreten auf eine gemeinsame Formel verständigt, dass Saties „Gymnopédies“ nun einmal entweder kühl-distanziert oder innig verträumt zu klingen haben, und dass man aus den „Gnossiennes“ Saties impressionistische Seite am Ehesten hervorkitzeln könne.

Bei „United Classics“ erschien im August eine sehr spannende Wiederveröffentlichung eines Pianisten, der mit seiner erstmals in den frühen 1990er-Jahren beim dänischen Classico-Label erschienenen Einspielung von Saties Klavierwerken schon damals gezeigt hatte, dass es auch anders geht.
Die dänische Jazz-Ikone Jan Kaspersen (spielte unter anderem im Duo mit Horace Parlan) zeigte mit seinem zutiefst schrulligen Satie-Recital, dass gerade auch die vermeintlichen „Träumereien“ oder „Impressionen“ der populären „Gnossiennes“ und „Gymnopédies“ ebenso wie die anderen Stücke Saties die anarchische Fratze Satie’scher Ironie und Gesellschafts- und Kulturverweigerung in sich tragen.

Jan Kaspersens Satie-Recital dürfte eine der schnonungslosesten und frechsten Demaskierungen im Klassikbetrieb der 1990er-Jahre gewesen sein. Mit durchweg recht schnellen Tempi und einem harten Anschlag, der mit jedem Ton Kaspersens Jazz-Vergangenheit auf den Plan ruft, holte der Däne Satie’s Denkmal, an das man sich inzwischen gewöhnt hatte, vom Sockel und verpasste ihm einen geradezu schrillen Anstrich.

Wer hätte etwa geahnt, dass in Saties Musik so viel Groove steckt? Es gibt Stellen auf diesem Album, an denen man hört, dass Kaspersen sich kaum zurückhalten kann, um nicht gleich improvisierend-jammend loszuswingen.

Kaspersens Satie-Interpretation ist eines der großartigsten Alben der 1990er-Jahre und hat leider nie die Verbreitung gefunden, die man ihm gewünscht hätte. Eine „Referenzaufnahme“ haben wir hier (mal wieder) nicht. Stattdessen haben wir hier eine starke und individuelle Stimme eines Pianisten, der sich damals offenbar gedacht hat: „Kann man ja auch mal anders machen!“

Für Satie-Besäuselte ein Augenöffner, für Satie-Hardcore-Fans ein Muss, für Satie-Einsteiger: Finger weg! Letztere greifen bitte lieber zu Reinbert de Leeuws unsterblichen Satie-Interpretationen bei DECCA (einst, als die Welt der Klassik-Labels noch in Ordnung war, bei Philips Classics erschienen).

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