Go to content Go to navigation Go to search

The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

L. Spohr - Sinfonien Nr. 4 & 5
NDR-Radiophilharmonie - H. Griffiths

(2013)
cpo / Vertrieb: jpc.de

• • •

Louis Spohr - Sinfonien Nr. 4 & 5

Die beiden vielleicht stärksten Spohr-Sinfonien unter Leitung von Howard Griffiths

von Rainer Aschemeier  •  31. August 2013
Katalog-Nr.: cpo 777 745-2 / EAN: 761203774524

Mit dem Spohr-Zyklus der NDR-Radiophilharmonie unter der Leitung von Howard Griffiths liegt nun schon der dritte Spohr-Zyklus vor (der erste Spohr-Zyklus war in den 1980er-Jahren von der Slowakischen Nationalphilharmonie auf dem Marco Polo-Label vorgelegt worden. Etwa zeitgleich zum Griffiths-Zyklus entstand zudem eine Einspielung mit dem Orchestra della Svizzera Italiana unter Leitung des Wiener Klassik-Spezialisten und Pianisten Howard Shelley).

Unter diesen drei Zyklen – die alle nicht perfekt sind – ist die von Griffiths geleitete Aufnahmereihe die bislang beste. Wer jedoch einen perfekten Zyklus sucht, findet ihn weder bei Marco Polo noch bei hyperion oder bei cpo. Alle drei Aufnahmeprojekte haben ihre Vor- und Nachteile.
Spohr steht als Sinfoniker – und das ist zu seiner Zeit die große Ausnahme – nicht in der Nachfolge Beethovens. Spohr setzt vielmehr beim Mozart-Spätwerk an, „überspringt“ die späte Klassik á la Beethoven und setzt dann wieder ein, wo beispielsweise Schubert, Mendelssohn oder Onslow schalten und walten.
Dieser Umstand verleiht dem Spohr’schen Sinfonienkreis ein spezifisches und ungewöhnliches Gepräge, das oft zu Missverständnissen geführt hat. So liest man etwa immer wieder auch in renommierten Musiklexika von der vermeintlichen „Gestrigkeit“ der Spohr’schen Sinfonien.

Nun wird man kaum bestreiten können, dass Spohr – der zu seinen Lebzeiten lange als der bekannteste und renommierteste deutsche Komponist galt – nun wahrlich nicht als musikalischer Revolutionär durchgeht. Dennoch gilt es bei seinem Werk, tiefer unter die musikalische Oberfläche zu blicken. Denn dort findet sich enorm versierte kompositorische Klasse und viel handwerkliches Geschick – wenn auch die Inspiration, die melodische „Idee“ manchmal schlicht erscheinen mag.

Mit der vierten Sinfonie (untertitelt „Die Weihe der Töne“) liegt bei cpo’s Griffiths-Zyklus nun die bis heute bekannteste und beliebteste Spohr-Sinfonie vor. Sie wird zudem ergänzt durch eine seiner besten, nämlich die Sinfonie Nr. 5. Allein diese Kombination macht die neue SACD aus dem Hause cpo schon reizvoll.
Griffiths erweist sich erneut als vorzüglicher Spohr-Dirigent, da er die ungewöhnliche Mixtur aus mozartischer Empfindsamkeit und romantischer Wucht, die Spohrs Sinfonien auszeichnet, auf exzellente Art und Weise zu interpretieren versteht. Dennoch gibt es hier eine Enttäuschung, und das ist die NDR-Radiophilharmonie, die der Verve ihres Dirigenten auf dieser Aufnahme leider oft nicht nachzukommen versteht, wobei vor allem die Violinen und Bratschen oft etwas müde erscheinen. Zwar wird dieser Umstand durch vorzüglich disponierte Holzbläser teilweise ausgeglichen, aber insgesamt entsteht durch die etwas flügellahmen Streicher eine bemühte Atmosphäre. Schade!

Auch der vom NDR verantwortete Aufnahmeklang ist nicht das Gelbe vom Ei: Etwas tief in den Mitten, wenig transparent und nur im Blech wirklich brillant wirkt er, als würde man eine Aufnahme aus den späten 1990er-Jahren hören.

Fazit: Eine SACD, die in manchen Punkten zu überzeugen versteht, hier und da aber auch zu wünschen übrig lässt.

Stöbern

Verwandte / ähnliche Artikel:

Archiv

Alle Reviews können im Archiv nachgeschlagen werden. Dort ist auch eine gezielte Suche möglich.