Georgi Mushel - OrgelwerkeEine spannende "Klangfarbe" aus Usbekistanvon Rainer Aschemeier • 31. Juli 2013
Der russische Komponist Georgi Alexandrowitsch Muschel lebte den größten Teil seiner aktiven Laufbahn in Usbekistan, wo er am Konservatorium von Taschkent Komposition lehrte und Klavierklassen ausbildete. Er selbst wurde am renommierten Moskauer Konservatorium ausgebildet, wo sein Lehrer niemand Geringeres als Nikolai Mjaskowski war, jener geniale spätromantische Sinfoniker, dem bis heute noch nicht die herausragende Bedeutung innerhalb der russischen Sinfonik zugestanden wird, die ihm eigentlich gebühren würde. Doch hier soll es ja um den Schüler gehen, nicht um den Lehrer. Muschels Œuvre ist beachtlich: über 30 Werke für großes Sinfonieorchester, darunter drei Sinfonien und sieben Klavierkonzerte, rund zehn Bühnenwerke, etliches an Chor- und Vokalmusik, weit über 40 Werke der Kammermusik – und ein schmales Orgelwerk, das aber seine international bekannteste Komposition enthält: Die Samarkand-Suite. Bei Brilliant Classics liegt dieses wunderschöne Stück spätromantischer Orgelmusik nun vor, zusammen mit dem (angeblich) gesamten Orgelwerk Muschels. Nach meinen eigenen Recherchen sollte es eigentlich noch mindestens ein Orgelstück Georgi Muschels geben, das nicht auf der hier vorliegenden CD vertreten ist. Geboten werden auf der Brilliant Classics-CD die angesprochene „Samarkand-Suite“, ein kurzes Gelegenheitswerk namens „Elegy“, die „sechs Stücke für Orgel“ sowie die „Usbekistan-Suite“, die als eine Art „Sequel“ zur „Samarkand-Suite“ verstanden werden kann. Interpret ist der Organist Benjamin Saunders, und er spielt an der 2010 fertiggestellten „Grand Organ“ der Kathedrale von Leeds. Diese Orgel, die übrigens von dem hier zu hörenden Interpreten eingeweiht wurde, ist ein warm, vielleicht manchmal zu warm, klingendes Instrument, das einerseits in der Lage ist, warme, vollmundig tönende Klangflächen zu erschaffen, andererseits aber dadurch auch dazu neigt, etwas „unscharf“ zu wirken. Übrigens ist auch Saunders ein hervorragender Interpret. Er, der in Großbritannien einen hervorragenden Ruf hat und auch immer mal wieder von „der Firma“ im Buckingham Palace für besondere Feierlichkeiten angefragt wird, ist bislang auf CD noch nicht in Erscheinung getreten. Dieses Album ist also sein Debüt am Tonträgermarkt. Georgi Muschels Musik ist eine ganz ungewöhnliche, aber höchst reizvolle Mixtur aus typisch sowjetisch geprägter Spätromantik mit dunklen, schattierten Klangfarben und einer dauerhaft legatoverhafteten, sich rätselhaft aus dem Nichts zu entwickeln scheinenden Musikästhetik, die mehr als einmal das Erbe des Lehrers Mjaskowski erspüren lässt. Zurzeit ist diese CD die einzige erhältliche, die sich ganz der Musik des 1989 verstorbenen Georgi Mushel widmet. Es steht zu hoffen, dass sie nicht die letzte bleibt, denn zumindest ich habe mich spontan und sofort in die eigentümliche Musik des Wahl-Usbeken verliebt. |
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