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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Dmitri Schostakowitsch - Violinkonzerte Nr. 1 & 2
BBC SO - Maxim Schostakowitsch

(2006)
Warner Classics

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Dmitri Schostakowitsch - Violinkonzerte Nr. 1 & 2

BBC Symphony Orchestra - Maxim Schostakowitsch, Solist: Daniel Hope

von Rainer Aschemeier  •  23. Oktober 2006

Das Jahr 2006 wird den meisten Feuilleton-Lesern wohl am ehesten als „Mozart-Jahr“ im Gedächtnis bleiben. Mittlerweile dürfte sich jedoch herumgesprochen haben, dass wir in diesem Jahr auch ein „Schumann-Jahr“ (150. Todestag) und ein „Schostakowitsch-Jahr“ (100. Geburtstag) feiern dürfen.

Viele Veröffentlichungen widmeten sich dem russischen Symphoniker Schostakowitsch insbesondere in den Monaten rund um September (dem Geburtsmonat des Komponisten). Einer der frühen CD-Releases in diesem Jahr brachte eine Neueinspielung der zwei Violinkonzerte mit dem gefeierten Jungstar Daniel Hope. Hier konnte man gespannt sein, wie sonst kaum.

Der Brite Daniel Hope zählt zu den vielversprechenden Talenten im Business und hatte z. B. mit seiner Einspielung des Violinkonzerts von Alban Berg im Jahr 2002 eine echte diskographische Großtat in die Welt gesetzt. Er war Menuhin-Schüler und wurde darüber hinaus mittlerweile zum bisher jüngsten Mitglied des legendären Beaux Arts-Trios berufen – und schlägt sich auch dort fantastisch. Daniel Hope ist künstlerisch vor allem deswegen ein so interessanter Charakter, weil er es schafft, einen originär eigenen Ton zu kreieren. So, wie man schon nach wenigen Tönen einer CD z. B. Gidon Kremer an der Geige identifizieren kann, ist es auch möglich, Daniel Hope schon nach wenigen Bogenstrichen akustisch sicher zu bestimmen. Dies ist – zumindest für mich – ein essenzielles Kriterium, das in der Klassik-Interpretation die Spreu vom Weizen trennt.

Schostakowitschs Violinkonzerte wurden beide für den russischen Ausnahmegeiger David Oistrakh († 1974) komponiert, der sie der Nachwelt in mehreren Einspielungen (alles Rundfunkaufnahmen) hinterließ. Diese Aufnahmen waren interpretatorisch bislang die ultimative Referenz, auch wenn sie klanglich oft unter aller Würde waren. Unerreicht war Oistrakhs Intensität, das völlige Versinken im Personalstil Schostakowitschs, der den Solisten nicht nur zum Idealinterpreten machte, sondern offenbar haarklein wusste, wie jede Note von Oistrakh interpretiert klingen würde. Oistrakh war, ähnlich wie eben Kremer und Hope, ein Musiker mit einem äußerst individuellen Klang. Das machte es Generationen von Nachfolgern schwer, die Einspielungen des russischen Schwergewichts zu toppen.

Um es kurz zu machen: Auch Daniel Hope hat es auf seiner CD mit dem sehr guten BBC Symphony Orchestra unter der Leitung von Maxim Schostakowitsch (dem Sohn des Komponisten) nicht geschafft, Oistrakhs alten Aufnahmen das Wasser zu reichen. Sein Ton ist manchmal zu dünn und filigran für die Schostakowitsch-Klangwelt. Hopes Geige wirkt häufig wie ein Segelschiff im Sturm; wie ein Instrument, das sich redlich müht, nicht von der orchestralen Klangmasse begraben zu werden. Oistrakh ist in seinen Aufnahmen aus den Jahren 1956 und 1968 dagegen der erhabene Souverän, der offenbar mit dem Orchesterklang nach Belieben verfährt und nicht selten dem großen Klangapparat seine Vision aufzwingt.

Alles in allem kann festgehalten werden, dass die neue Veröffentlichung eine Bereicherung in der nicht unbedingt umfangreichen Diskographie der Schostakowitsch-Violinkonzerte darstellt – sie ist klanglich und interpretatorisch auf Top-Niveau. Oistrakhs Deutungen mit den Leningrader und Moskauer Philharmonikern aus den 1950-er und -60er Jahren bleiben jedoch das ultimative Zeitdokument.

Es ist daher zu empfehlen, sich die alten Oistrakh-Aufnahmen in der unlängst billig auf „Brilliant Classics“ erschienenen Box mit sämtlichen Schostakowitsch-Konzerten in den Schrank zu stellen. Und daneben könnte man – bis die CD Midprice-Niveau erreicht hat – ein Plätzchen für die hier vorgestellte, sehr gute neue Interpretation von Daniel Hope reservieren.

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