R. Strauss - Josephslegende , Liebesszene aus "Feuersnot", Festmarsch (2013)
• • • • • Richard Strauss - Josephslegende , Liebesszene aus "Feuersnot", FestmarschStrauss-Raritäten im Dreierpackvon Rainer Aschemeier • 19. Juli 2013
Richard Strauss, der heute allzu oft als „der letzte Romantiker“ tituliert wird, war zu seiner Zeit – und das sollte eben nicht vergessen werden – ein moderner Komponist. Viele seiner Werke galten bis in die 1910er-Jahre als Musikavantgarde. Freilich wurde Strauss schon bald von den Expressionisten und Zwölftönern nicht nur überholt, sondern förmlich überrollt. Dennoch ist die Modernität in zahlreichen seiner Stücke kaum zu übersehen. Dies zog womöglich auch Igor Strawinsky an, der als Gast bei den Proben zu Strauss‘ Ballett „Josephslegende“ im Publikum saß und sich anerkennend über den Komponisten (und Dirigenten) Strauss äußerte, während er beklagte, dass das Orchester angesichts der Musik sehr störrisch gewesen sei. Strauss hatte den Ärger bei seiner Josephslegende aber auch herausgefordert. Dass er sein Orchester an allen Positionen gleich dreifach besetzen ließ, war schon Provokation genug. Doch auch die Exotismen und fremdartigen Klänge, die der Orchestrationsmagier Strauss aus seinem Riesenensemble herauskitzelte, galten vielen Zeitgenossen als zu effekthascherisch und vielleicht auch als zu „jugendstilig“. Wie dem auch sei: Dass der Streit um Strauss‘ „Josephslegende“ bis heute die Meinungen spaltet, ist kaum einzusehen, aber wahr. Noch immer legen selbst eifrige Strauss-Verteidiger gern das Deckmäntelchen des Schweigens über die „Josephslegende“, und das Ballett scheint in der Tat bis heute kaum Fürsprecher gefunden zu haben. Selbst wohlwollenste Strauss-Biografen, wie etwa Ernst Krause, kritisierten das Werk: „Ein Riesenorchester (...) wird aufgeboten, ohne daß es jene sinnliche Glut verbreitet, die anderen Strauss-Werken eigen ist. Die Erotik wirkt schal, hat nichts Aufregendes. (...) Das reichlich einstündige ,mimische Drama‘ ist keine läuternde Vision, sondern sinnverwirrender Traum.“ Dieses Zitat aus der vielleicht bekanntesten Strauss-Biografie überhaupt aus dem Jahr 1955 zeigt, wie schwer sich die Nachwelt mit dem Stück getan hat – und – so kann man es wohl sagen – wie sehr es auch missverstanden wurde. Strauss selbst hatte niemals eine „läuternde Vision“, wie Krause sie einfordert, vor Augen, sondern dachte eher an ein venezianisch-barockes Ausstattungsstück. Die biblische Geschichte von Joseph in Ägypten ist in seinem Stück niemals „original“, sondern quasi die historisierende Nacherzählung einer historisierenden Nacherzählung. Neeme Järvi zählt zu den wenigen, vielleicht aber gerade deswegen so vehementen, Befürwortern der „Josephslegende“. Die Suite aus dem Ballett hatte er bereits vor Jahren mit dem Detroit Symphony Orchestra bei chandos veröffentlicht. Nun also folgt mit den Royal Scottish National Orchestra das komplette Ballett. Das Orchester aus Schottland ist oft ein recht problematisches Ensemble. Es ist eines von den Orchestern, die nicht immer erstklassige Qualität abliefern, und es ist ein Orchester, das der Dirigent fest im Griff haben muss. Keine Frage: Die „Josephslegende“ ist wie kaum ein anderes Strauss-Stück ein Produkt seiner Zeit – und somit alles andere als „zeitlos“. Dennoch sollte man den Blick auf dieses so üppige und reich ausgestattete Musikwerk neu wagen. Mit der Liebesszene aus der gleichfalls weitgehend vergessenen Strauss-Oper „Feuersnot“ und dem „Festmarsch“ Op. 1, Strauss erstem veröffentlichten Werk, sind auf der SACD weitere interessante Raritäten enthalten, die das Album zu einem Muss für Strauss-Kenner machen und zu einer interessanten Option für Liebhaber der Spätromantik im Fahrwasser des Jugendstils. |
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