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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Nashville
Solomon Burke

(2006)
Shout Factory

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Solomon Burke - Nashville

Country Got Soul!

von Frank Castenholz  •  18. Oktober 2006

Ich habe mich ja zunächst aufrichtig dagegen gewehrt, diese Platte gut zu finden. Alles klingt zu sehr nach einem Marketing-Trick, zugeschnitten auf die Konsumbedürfnisse des Rezensenten: Soullegende nimmt Country-Album auf, interpretiert Songs u.a. von Tom T. Hall, Bruce Springsteen und George Jones, lässt Buddy Miller kernig-rootsgetreu produzieren, und dann weiß man nicht mal, ob man sich mehr über Dolly Parton oder Gillian Welch als Duettpartnerin freuen soll (ferner stehen Patty Griffin, Emmylou Harris und Patty Loveless auf der Gästeliste). Ach ja, David Rawlings zupft natürlich auch noch mit!

Also, was bleibt einem übrig: Blindkauf, und dann eben sofort Skepsis, ob die Freude nicht zu vorschnell war. Das kann doch nicht gut gehen, zuviele Köche etc. Tatsächlich stellte sich beim ersten Durchgang zunächst etwas Ernüchterung ein, schien das Album letztlich doch einfach als eine weitere Solomon Burke-Platte der er mit seiner wuchtigen Stimme dermaßen den Stempel aufdrückt, dass die Frage nach den Arrangements, ob nun Memphis oder Nashville, ziemlich nebensächlich bleibt.

Beim zweiten Durchgang gefallen dann bereits die warmen, live-sessionartigen Arrangements sehr, es klingt weniger ausgefeilt als „Don´t Give Up On Me“, wo Joe Henry ja wegen des faszinierenden Soundgerüsts eigentlich mit auf das Front-Cover gehört hätte. Die Produzentensorgfalt bei der innerhalb einer Woche eingespielten „Nashville“ war hingegen eher darauf gerichtet, was man wohl alles besser weglassen sollte. Etwa beim schönen Einstieg mit Tom T. Halls Klassiker „How I Got To Memphis“, bei dem Burke nur von Akustikgitarre und Standbass begleitet wird.

Nachfolgende Hörrunden haben dann den Eindruck bestärkt, dass in Burkes dominantem Soul doch ziemlich viel Country steckt: so knüpft das tolle Duett mit Emmylou Harris „We´re Gonna Hold On“ an die klassischen Country-Paarläufe im Stil von George Jones & Tammy Wynette an, freilich im zeitgemäßen Roots-Gewand ohne jegliche Countrypolitan-Süße.
Ein weiterer Höhepunkt ist das meisterliche Duett mit Dolly Parton „Tomorow Is Forever“, das mir die Erkenntnis beschert, dass Dolly´s Stimme im Alter tatsächlich enorm an Ausdruckskraft und insbesondere Soul gewonnen hat.
Daneben gibt es auch einige Tracks, deren Country-Gehalt eher minimal ist und die einfach als groovender Roots-Rock („Honey, Where´s The Money Gone“) oder Soul-Ballade („Up To The Mountain“, „Millionaire“) durchgehen. Bei „Atta Way To Go“ wird das Prinzip des beseelten Schmachters auf sehr natürlich erscheinende und also überzeugende Weise mit Countryzismen wie Mundharmonika, Steel und Mandoline gekreuzt. Der Schlusstrack „´Til I Get It Right“ schließlich sammelt noch mal alle Kräfte und Instrumente, um die Platte in einem streichersatten und rundweg ergreifenden Finale ausklingen zu lassen.

Dass Country und Soul seelenverwandt sind, ist keine Neuigkeit, und spätestens seit Ray Charles´ „Modern sounds in Country & Western music“ (1962) im Chart-Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit verankert. Auch für Burke war Country niemals fremd, schon in den 60ern adaptierte er einschlägiges Songmaterial. Das Bemerkenswerte an „Nashville“ ist indes, dass sich hier ein Soul-Sänger ohne Scheuklappen aller – oft genug konkurrierender – Ausdrucksformen des Genres annimmt, ohne dass das Album zerrissen oder uneben klänge: vom Songwriter-Stoff eines Tom T. Hall, zum fiddle-getriebenen „Ain´t Got You“, zum schmachtenden 70er-Jahre-Country-Duett mit Harris, das die Brücke zwischen George Jones und Americana-Pionier Gram Parsons schlägt, zum besinnlich-kargen Alt.Country einer Gillian Welch bis schließlich hin zu dem durchaus gelungenen Mainstream-Country-Duett mit Patty Loveless „You´re The Kind Of Trouble“, das sich ohne weiteres auch auf der letzten Garth Brooks-Platte hätte wiederfinden können. Somit kann man die Platte tatsächlich gar als innovativ und modern bezeichnen, bietet sie doch durchaus neue Hörerkenntnisse und nicht nur ein unbestimmtes Retro-Wohlgefühl.

Das ist also die Country-Platte, die auch Country-Skeptiker bedenkenlos mögen dürfen, trotz gelegentlich aufblitzender Steel und einschlägiger Gastbeiträge. Mit 14 Tracks ist sie etwas zu lang geraten, aber die Songqualität erscheint mir durchweg gut bis herausragend und für Abwechslung in Tempo, Stil und Stimmung ist gesorgt. Neben Dylans passablem „Modern Times“ und Candi Statons famosem „His Hands“ sollte noch Platz sein für dieses eklektizistische Retro-Vergnügen.

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