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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Schumann/Brahms/Dietrich - "F.A.E."-Sonate / Brahms - Sonaten Op. 120 in der Fassung für Violine und Klavier
Terhi Dostal (Klavier) & Annemarie Åström (Violine)

(2013)
NCA / Vertrieb: membran

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Schumann/Brahms/Dietrich - "F.A.E."-Sonate / Brahms - Sonaten Op. 120 in der Fassung für Violine und Klavier

von Rainer Aschemeier  •  6. Juni 2013

Ihre „Einzelteile“ sind wohlbekannt, doch nur sehr selten hört man sie einmal im Zusammenhang: Die „F.A.E.“-Sonate. Das Kürzel steht für das selbstgewählte Lebensmotto des Violinisten Joseph Joachim, dem Widmungsträger des Werks: „Frei, aber einsam“.
Glückllicherweise ist die Sonate selbst weniger pathetisch als ihr Motto. Die Namen der an dem Gemeinschaftswerk beteiligten Komponisten lauten auf Robert Schumann (zweiter Satz „Intermezzo“, vierter Satz „Finale“), Albert Dietrich (erster Satz „Allegro“) sowie Johannes Brahms („Scherzo“).
Vor allem Brahms‘ „Scherzo“ ist auch als Einzelsatz bekannt geworden, aber auch Schumanns „Intermezzo“ hört man manchmal im Konzert oder auf CD.

Beim deutschen Label NCA ist nun eine in allen Belangen wirklich vorzügliche CD erschienen, die uns die „F.A.E.“-Sonate einmal im Zusammenhang vor Ohren führt. Das ist sehr aufschlussreich, denn nun stellen sich auch die einzelnen Sätze ganz anders dar. Obwohl die Sonate als Gesamtwerk bemerkenswert gut funktioniert (was man bei der Beteiligung dreier, insgesamt gesehen ziemlich unterschiedlicher Komponisten nicht unbedingt annehmen konnte), wird deutlich, dass Robert Schumann hier ganz klar die Nase vorn hat.
Das ist allerdings nicht weiter verwunderlich, denn Dietrich und Brahms waren im Vergleich zum zur Zeit der Komposition des Stücks (1853) reifen Schumann regelrechte „Jungspunde“.

Das tut dem Reiz des Werks aber keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil: Unbekümmert und auch etwas ungestüm wirkt Dietrichs erster Satz, aus dem Brahms sich ein Thema entlehnt, um es in seinem Scherzo an dritter Stelle nicht minder energisch weiterzuverarbeiten. Schumanns wunderschönes Intermezzo ist sicherlich das Highlight der Sonate und sein Finale ist ein Beispiel für Schumanns Spätwerk, in dem der Komponist weiter Barrieren aufbrach und polyphone, zerrissen wirkende Musik schrieb, die von seinen Zeitgenossen teilweise mit Verständnislosigkeit aufgenommen wurde.

Allein dieses Stück wäre es schon wert, diese CD zu empfehlen. Doch es folgen ja noch weitere Raritäten, nämlich die von Johannes Brahms selber besorgten Violin-Transkriptionen seiner Klarinettensonaten Op. 120 Nr. 1 und 2. Brahms selbst hielt diese Transkriptionen sogar für besser als das Original. Im Gegensatz zu den immerhin manchmal (so etwa auf einer in diesem Jahr bei Nimbus erschienenen CD) zu hörenden Bearbeitungen für Bratsche dieser Sonaten, ist die Violinfassung nur sehr selten zu hören.
Dabei ist sie sehr reizvoll und auch sehr interessant: Im Gegensatz zur Bratschentranskription hat Brahms bei der Violinfassung umfassende Änderungen eingebaut und macht zum Beispiel reichen Nutzen davon, dass es auf der Violine (im Gegensatz zur Klarinette) möglich ist, zwei Töne zur gleichen Zeit zu spielen. Man könnte sagen: Brahms hat hier ein bisschen „Zigeuner-Pepp“ eingebaut. Das macht Spaß beim Anhören und ist auch im Vergleich zur Klarinetten- oder Bratschenfassung ziemlich spannend.

Jede CD steht und fällt mit der Interpretations- und Klangqualität. Und da kann ich hier nur Gutes vermelden.
Als Besonderheit könnte man erwähnen, dass diese CD auf einem wunderschön klingenden historischen Flügel eingespielt wurde. Es handelt sich dabei um den top restaurierten Johann Baptist Streicher-Flügel, den Brahms sich selbst für seine Konzerte im Haus der Wiener Familie Fellinger ausgesucht hat. Mit diesem Flügel hat der Komponist sogar 1889 zwei Tonaufnahmen gemacht, die zu den frühesten Zeugnissen der Musikaufzeichnungsgeschichte gehören und natürlich unersetzliche Tondokumente darstellen.
Die Finnin Terhi Dostal erweist sich auf vorliegender Einspielung als sehr versierte, dynamisch hoch sensible Interpretin. Es ist in jeder Hinsicht ein Genuss ihrem Spiel auf diesem klangschönen Instrument zuzuhören. Fantastisch! Angesichts dieses Wohlklangs fragt man sich, was die Pianisten heutzutage alle an dem metallischen Steinway-Klang finden. Wie wunderbar ist dieser sanfte, milde Anschlag des Streicher-Flügels aus dem 19. Jahrhundert. Einfach grandios! Und die Interpretin weiß das in vollem Umfang auszukosten.

Die Begeisterung setzt sich fort beim Spiel Annemarie Åströms auf ihrer von der Sibelius-Akademie Helsinki als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellten Guarneri-Violine (mit Darmsaiten). Auch sie ist eine fabelhafte und dynamiksensible Interpretin mit beinahe makelloser Intonation und einem umwerfend klangschönen Ton. Doch vor allem: Dostal und Åström sind ein echtes Team. Sie spielen so wunderbar musikalisch zusammen, dass es die helle Freude ist, da zuzuhören.
Dies gilt vor allem auch deswegen, weil Tonmeister Stephan Reh einen herrlich räumlichen, sehr natürlichen und wunderbar ausgewogenen Aufnahmeklang eingefangen hat, den ich mir nicht besser denken könnte, als wir ihn hier hören. Diese CD ist also auch ein heißer HiFi-Tipp!

Fazit: Noch eine CD, die wir uns auf der Shortlist zur „CD des Jahres“ rot anstreichen müssen. Dieses Jahr ist wirklich voll mit positiven Überraschungen.

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