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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

M. Marais - Folies
P. Pierlot, R. Zipperling, E. Egüez & F. Guerrier

(2013)
Flora / Vertrieb: codaex

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Marin Marais - Pièces de Viole du 2e Livre, 1701

Ein Highlight in der bisherigen Marais-Diskographiegeschichte

von Rainer Aschemeier  •  15. März 2013
Katalog-Nr.: Flora2511 / EAN: 5425008378701

Marin Marais wird heute fast ausschließlich als Komponist barocker Gambenmusik wahrgenommen. Dabei hat der Franzose auch nicht weniger als mindestens sechs Opern, einige Konzerte und etwas geistliche Musik verfasst.
Trotzdem hat die Konzentration auf Marais‘ Gamben-Œuvre natürlich seinen Grund: Immerhin stieg der Komponist – ein Schüler des seinerzeit übermächtigen Jean Baptiste Lully – zum persönlichen Hofgambisten des „Sonnenköngis“ Ludwig XIV. auf. Das, was wir uns heute mit ein paar Euro kaufen und in bester Klangqualität genießen können – Marais Musik also – war noch vor einigen Hundert Jahren ausschließlich königlichen Ohren vorbehalten. Das muss man sich immer wieder klar machen (diesen Gedanken hatte ich auch an dieser Stelle noch näher ausgeführt). Wir leben in privilegierten Zeiten.

Das auf Alte Musik spezialisierte Label FLORA hat nun eine Neueinspielung von Stücken aus Marais‘ zweitem Gamben-Buch (insgesamt kompilierte er fünf solcher Bände) herausgebracht. Darunter sind die „Couplets de folies“ das namensgebende Element für die hier vorliegende CD. Die „Folia“ ist ein typisches Satzmodell des Barock. Sie beginnt fast immer mit dem typischen, melodisch stets gleichen Folia-Thema, das dann in der Folge möglichst kunstvoll und virtuos variiert wird. Zahlreiche Komponisten haben solche Folia-Variationen geschrieben. Doch Marin Marais‘ Beiträge, die wir hier hören können, zählen zweifellos zu den prachtvollsten.
Die „Suite en La“ und die „Suite en Mi“ sind insgesamt zurückhaltender, bedienen sich aber auch vornehmer Tanzsätze und prächtiger Verzierungen.

Es gibt inzwischen eine ganze Reihe zum Teil sehr guter CD-Aufnahmen von Marais‘ Gambenwerken, so etwa mit Jordi Savall bei Alia Vox, mit Juan Manuel Quintana bei Harmonia Mundi oder mit Wieland Kuijken bei Accent. Diese Flora-Aufnahme hier gehört jedoch zum Allerbesten, was ich in Sachen Marais bisher gehört habe. Diese Aufnahme ist eine ganz bemerkenswerte Ensembleleistung. Die ausführenden Interpreten (Philippe Pierlot – Gambe, Rainer Zipperling – Gambe, Eduardo Egüez – Theorbe und François Guerrier – Cembalo) sind nicht nur äußerst virtuose Instrumentalisten, sondern sie sind auch in Belangen der Hervorhebung der hinreißenden Harmonik von Marais Musik ganz weit vorn im Feld der verfügbaren Einspielungen zu suchen.
Das bemerkenswerteste scheint mir jedoch das Zusammenspiel zu sein: Trotz der komplizierten Rhythmik und Phrasierung dieser Musik, die den Verzicht auf die Betonung der „schweren“ Zählzeiten geradezu einfordert, spielen diese vier Musiker so kompakt und einheitlich wie ein Mann. Fantastisch!

Da auch der wunderbar warme und gleichzeitig transparente Aufnahmeklang hier eine Klasse für sich darstellt, kann ich mich bei dieser CD nur rundum begeistert zeigen.
Einen Kritikpunkt gibt es aber dann doch: Eine CD mit doch verhältnismäßig wenig bekanntem Repertoire wie diesen Marais-Stücken vollständig ohne Booklet (!) zu veröffentlichen, ist dann meines Erachtens doch etwas zu viel und vor allem an der falschen Stelle gespart.

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