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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Captain Fantastic And The Brown Dirt Cowboy (Deluxe Edition)
Elton John

(1975/2005)
Mercury

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Captain Fantastic And The Brown Dirt Cowboy (Deluxe Edition)

von Frank Castenholz  •  1. September 2006

Mit Bernie Taupin als kongenialem Texter legte Elton John im Jahr 1975 ein loses Konzeptalbum über die mühsamen Anfänge ihrer gemeinsamen Karriere vor. Das schöne daran: Man muss von der Thematik gar nicht besonders gefesselt sein, um sich an jeder funkelnden Sekunde von Songs wie „Tower Of Babel“, „Someone Saved My Life Tonight“ oder „Curtains“ zu weiden. Sein neben „Madman Across The Water“ und „Goodbye Yellow Brick Road“ herausragendes – und unter den Dreien ambitioniertestes, geschlossenstes – Werk ist mittlerweile in einer Deluxe-Version erhältlich. Es ist nicht mal nötig, ein besonders engagierter Verfechter von Eltons Schaffen zu sein, um die Gelungenheit dieser Kompositionen zumindest anerkennend abzunicken und das Album als eine der süffigsten (wenn auch sicherlich nicht: wichtigsten) Veröffentlichungen der Mitt-70er Jahre zu achten. Zusätzliche Attraktivität gewinnt das Album dadurch, dass es sich nicht so einfach als wenig spannender Soft Rock-Klassiker wegarchivieren lässt wie so manch anderes John-Album der Dekade. Unter dem Bekanntheitsgrad und der zwanghaften Radiopräsenz von „Daniel“, „Crocodile Rock“ oder „Tonight“ leidet hier kein Titel, und der Hörer findet sich in der glücklichen Lage, nicht vom allseits Bekannten erdrückt und von den Füllern dazwischen gelangweilt zu werden (das kann einem etwa bei „Don´t Shoot Me I´m Only The Piano Player“ widerfahren). Nur eine einzige Single, „Someone Saved…“, wurde ausgekoppelt, der ganze Reiz des Projekts erschließt sich sowieso nur über die volle Albumlänge.

Die Deluxe-Edition lässt – zumindest für den CD-Freund – beim Auspacken Weihnachtsstimmung aufkommen: gleich drei Booklets (Lyrics, Scraps und ein neuer Begleittext) sowie ein DIN-A4-Poster erfreuen das Käuferherz. Allerdings wurden die Texte aufgrund des CD-Formats so verkleinert, dass man sie oft nur mit der Lupe entziffern könnte. Das stört inbesondere bei dem Comic „The Life and Loves Of Elton John“ (!). Insofern bleibt das Original-Vinyl natürlich konkurrenzlos.

Auf CD 1 hört man das Album zuzüglich der vom Remaster bekannten Bonusgaben „Lucy In The Sky With Diamonds“ (Lennon/McCartney), „One Day At A Time“ und der durchaus geglückten Soul-Homage „Philadelphia Freedom“. Mit „House Of Cards“ (der B-Seite zu „Someone Saved My Life Tonight“) wurde für die Deluxe-Edition noch ein zusätzlicher Song zu Tage gefördert: keine verschollene Perle, gleichwohl hätte er sich auf Alben wie „Honky Chateau“ oder „Don´t Shoot Me…“ durchaus gut behauptet. Der Sound hat gegenüber dem Remaster wohl keine weitere Optimierung erfahren.

CD 2 enthält einen bislang gänzlich unveröffenlichten Konzert im Wembley Stadium, Juni 1975. Die einzelnen Tracks von „Captain…“ wurden vollständig in der vom Album bekannten Reihenfolge gespielt, als Zugabe gibt es noch einen enfesselten „Pinball Wizard“ (The Who) – deutlich besser als Elton´s Studioversion! – und ein ebenso heftig rockendes „Saturday Night´s Alright For Fighting“ (den Song haben The Who übrigens später für das Elton John-Tribut „Two Rooms“ eingespielt).
Die Arrangements weichen zwar oft nicht wesentlich von den Studioeinspielungen ab, aber das Konzert ist dennoch eine durchaus beglückende Ergänzung zum Album und keineswegs nur schmückendes Beiwerk: Zum einen ist der Klang hervorragend und präsentiert die Songjuwelen um einiges direkter, spontaner und zeitloser als die Studioaufnahmen (man höre etwa die entschlackte, äußerst wohlbekömmliche Diätversion von „Someone Saved My Life Tonight“). Zum anderen ergeben sich schon durch die veränderte instrumentelle und personelle Besetzung einige interessante Nuancen, die gegenüber dem Original noch überzeugender klingen, etwas die Steel Guitar bei der Eröffnungsnummer „Captain Fantastic…“ oder die R´n´B-informierten Background Vocals. Am auffälligsten sind die Veränderungen im Klang und Arrangement wohl bei „Meal Ticket“ (auf dem Album eine kleine Schwachstelle, live tadellos), „Bitter Fingers“ und insbesondere „Curtains“, bei dem sich die Band in eine mitreißende Rock´n´Roll-Manie spielt. Aber auch ansonsten, etwa bei „Tell Me When The Whistle Blows“, groovt und rockt es, dass es eine schiere, ungehörte Freude ist. Und schließlich Elton selbst: was konnte der Mann singen (dass er hier nicht jeden Ton lupenrein trifft, schadet nicht)!

Fazit: Die Deluxe-Ausgabe setzt nochmal Sahne auf diese Buttercremetorte von einem Album – ein festlicher Ohrenschmaus, zu dem alle eingeladen sind, Eltons Fans, Skeptiker und Ignoranten. Sie müssen nur wollen.

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