J. Françaix - Kammermusik (2012)
• • • • Jean Françaix - KammermusikBunte Mischungvon Rainer Aschemeier • 8. Januar 2013
Kommt die Sprache auf den französischen Komponisten Jean Françaix (1912–1997) ist die Meinung oft zwiespältig. Die einen sehen in ihm einen hochgradig unter Wert gehandelten Komponisten hohen Rangs in der Geschichte der klassischen europäischen Musikmoderne. Die anderen halten ihn für einen Kleinmeister, der sich von seinem Strawinsky-Einfluss nie ganz lösen konnte und kaum etwas hinterlassen hat, das man wirklich „bedeutend“ nennen könnte. Hört man die neue CD mit Françaix-Kammermusik aus dem Hause des französischen HiFi-Labels Indésens, kann man beide Positionen verstehen: Fraglos ist Françaix bis zuletzt immer von Strawinsky beeinflusst geblieben. Seine durchweg tonale, oft auch mit Elementen der Popularmusik aufgeladenen Werke waren spätestens ab Ende der 1950er-Jahre in zunehmendem Umfang klingende Anachronismen. Dabei fällt eine stilistische Ähnlichkeit zu Françaixs Kompositionskollegen Francis Poulenc auf. Während jener in seinen späten Jahren aber die tänzerische Leichtigkeit seiner Werke zugunsten formaler, zuweilen auch religiös motivierter Strenge immer mehr reduzierte, wäre dies Françaix wohl nie eingefallen. Ganz im Gegenteil: Er erkor das Tänzerische, das Leichte zum bestimmenden Element seiner ganzen Musiksprache. Neben all dem kann man sich aber der Originalität der Françaix’schen Musiksprache nicht entziehen. So ist etwa die nur sechseinhalbminütige Sonatine für Trompete und Klavier aus dem Jahr 1975 ein Meisterwerk der kleinen Form. Oberflächlich betrachtet wirkt sie so leicht und beschwingt, wie alles andere aus Françaixs Feder. Hört man aber in die Tiefe, bemerkt man zumindest in den ersten beiden Sätzen eine erstaunlich dichte Konzentration des musikalischen Materials. Die Prämisse, mit wenigen Noten, viel zu erschaffen, erscheint dabei nicht nur auf das Vortrefflichste gelungen zu sein, sondern auch überaus zeitgemäß – auch, wenn dem Ganzen die Form einer neoklassischen Suite übergestülpt wurde. Wie bei einem Label wie indésens zu erwarten war, kommt die CD in außergewöhnlich gutem Sound daher. In erfreulich hoher Auflösung mit sehr ansprechender Dynamik und natürlicher Klangwiedergabe gibt es hier nur Grund zum Lob. Bei der letzten Besprechung einer CD von indésens war noch ein der hohen akustischen Auflösung geschuldetes Problem auszumachen gewesen: Hintergrundgeräusche! Diese haben die Tonmeister des französischen Labels diesmal deutlich besser im Griff gehabt, sodass es von dieser Seite aus diesmal nichts zu Klagen gibt. Aus klanglicher Perspektive ist dies eine bemerkenswert gut produzierte CD. Fazit: Eine etwas kunterbunte Mischung, aber klanglich bemerkenswert konsistent und zudem überwiegend gut bis sehr gut interpretiert. Mit über 70 Minuten Spielzeit gibt es hier zudem Françaix satt, was alle Fans des durchaus reizvollen Werks dieses Komponisten freuen dürfte, denn das Thema Françaix ist auch im Post-CD-Zeitalter noch lange nicht hinreichend diskographisch aufgearbeitet. |
StöbernVerwandte / ähnliche Artikel: ArchivAlle Reviews können im Archiv nachgeschlagen werden. Dort ist auch eine gezielte Suche möglich. |