C. Koechlin - Complete Musik for Saxophone (2012)
• • • • • Charles Koechlin - Das Gesamtwerk für Saxophon (3 CDs)mustergültige Editionvon Rainer Aschemeier • 17. Dezember 2012
Komponisten, die nicht so im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen, haben in der Regel keine breite Lobby. Deswegen sind es oft Liebhaber, die sich ihnen annehmen. Sitzen die dann in den Chefetagen der CD-Labels oder gar mit ihrem Instrument selbst auf der Bühne, kann man auch als Musikfan auf dem heimischen Sofa getrost positive Erwartungshaltungen entwickeln. Nun gehört Charles Koechlin zu der o. a. Gruppe der zwar leidlich, nicht aber breitenwirksam bekannten Komponisten. Bis vor ein paar Jahren erhielt er in Musiklexika (auch den ganz umfassenden, wie der MGG) höchstens Randnotizen und Nebeneinträge. Etwas platt wurde er zumeist als „der Lehrer von Francis Poulenc“ vorgestellt – ...was ihm Klartext bedeutet: „der sehr unbekannte Lehrer eines etwas weniger unbekannten Schülers“. Wie sehr einen dieses Schubladendenken in die Irre führen kann, sieht man denn auch an keinem Beispiel besser, als an jenem Koechlins. Stilistisch hatte dieser nämlich mit Poulenc nicht so arg viel gemeinsam – ebenso wenig übrigens, wie mit fast jedem anderen französischen Komponisten zu seiner Zeit. Sicher, die Einflüsse sind erkennbar: Da ist jede Menge Debussy zu hören, was die Instrumentierung angeht, da sind die Verschrobenheit und die Rückbesinnung auf archaische Melodik des Erik Satie spürbar, und da ist auch der Blick auf Zeitgenossen, wie etwa de Séverac, feststellbar. Dennoch: Koechlin ist einer von denen, die irgendwie ihren eigenen Kosmos geschaffen haben, einer, der selbst als „verschroben“ in die Musikgeschichtsschreibung eingegangen ist. In diesem Sinne darf man ihn also ruhig in eine Reihe mit Gestalten wie Satie, Ives oder McPhee stellen, kurz: In die Reihe der Gestalten, die in keine Schublade passen wollen. Ebenso, wie dieser Umstand weltweit immer wieder die Liebhaber und hartnäckigen Anhänger Koechlins auf den Plan ruft, hält er die globalen „Ottonormalklassikhörer“ davon ab, sich seinem Werk zu nähern, das oft genug als „merkwürdig“ oder „ungewohnt“ wahrgenommen wird. Im Dezember legte das niederländische Label Brilliant Classics eine 3CD-Edition mit brandneuen Koechlin-Einspielungen vor, die Sammler begeistern wird. Dabei handelt es sich um Koechlins Gesamtwerk für Saxophon – ein Instrument, dass es dem Franzosen besonders angetan hatte. Koechlin stammte ja aus einer Familie von Erfindern, und vielleicht wusste er auch deshalb dieses seinerzeit noch als neu und exotisch wahrgenommene Instrument zu schätzen. Der italienische Saxophonvirtuose David Brutti hat Koechlins Gesamtwerk für dieses Instrument hier in einer Qualität zusammengestellt, die ihresgleichen sucht. Die durchaus disparaten Besetzungen (vom Solostück für Saxophon, über ein Septett bis hin zu Werken, die von einem Sinfonieorchester begleitet werden) sind hierbei sämtlichst, samt und sonders hervorragend besetzt und eingespielt worden. David Brutti hat (wie uns das Booklet zur vorliegenden CD-Box informiert) keine Kosten und Mühen gescheut und für jedes einzelne der hier vorgestellten Stücke Koechlins Originalmanuskripte herangezogen. Diese Sammlung ist schlicht perfekt eingespielt. David Brutti ist ein hervorragender Saxophonist, der nicht nur jedweden technischen Schwierigkeitsgrad der Musik zu bewältigen versteht, sondern den musikalischen Duktus Koechlins auch treffsicher vermittelt. Es dies einer jener seltenen Ausnahmefälle, wo sich Emotionalität und Technik in idealer Weise ergänzen. Doch dieser eher kleine Kritikpunkt rechtfertigt keinen Punkteabzug für diese ansonsten in allen Belangen mustergültige Edition. Diese CD-Box wird hoffentlich viel dazu beitragen, um Koechlins hochinteressante Musik in noch mehr Hörräume und Wohnzimmer zu tragen. Sie sollte jedenfalls möglichst große Verbreitung finden, denn im Gegensatz zu vielem anderen, was massenweise Absatz findet, ist Koechlins Musik in jedweder Hinsicht wirklich und wahrhaftig einfach gut. |
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