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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

G. P. Telemann - 12 Fantasien TWV40
Firmian Lermer (Bratsche)

(2012)
paladino music (Vertrieb: Naxos)

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Georg Philipp Telemann - 12 Fantasien TWV40

Die "Mini-Ausgabe" von "I Giardino Armonico"

von Rainer Aschemeier  •  9. Dezember 2012
Katalog-Nr.: pmr 0026 / EAN: 9120040730932

Die Bratsche war seit ihrer Entstehung bis in die Zeit der Romantik stets das Stiefkind der Streichinstrumentenfamilie. Eigentlich ist sie das bis heute geblieben. Nur selten einmal taucht heute die Bratsche als Soloinstrument auf, und dies noch seltener ohne jegliche weitere Instrumentalbegleitung.

Die vorliegende CD gibt also Rätsel auf: Sollte ausgerechnet Georg Philipp Telemann, der große deutsche Barockmeister, anhand der hier zu hörenden 12 Fantasien mit der Tradition seiner Zeit gebrochen haben und hier die große Ausnahme vorgelegt haben – Werke für Solo-Viola aus dem Barockzeitalter?

Ein Blick ins Telemann-Werkverzeichnis schafft schnell Klarheit – und Ernüchterung: Nein, auch Herr Telemann hatte nicht primär die Bratsche im Sinn, als er seine zwölf, jeweils dreisätzigen Fantasien schrieb, die wir hier in einer Neueinspielung des Wiener Labels „Paladino“ präsentiert bekommen.
Seine Fantasien schrieb er – natürlich – für die Violine und fügt sich somit durchaus in die Tradition seiner Zeit.

Trotzdem hören wir hier die Viola als Soloinstrument, und somit werden die Rätsel nicht weniger: Warum erfährt der Käufer dieser CD mit keinem Wort (zum Beispiel im Booklet), dass es sich hierbei um Bearbeitungen handeln muss (von TWV40 gibt es zum Beispiel auch Bearbeitungen für Viola da Gamba). Warum erfahren wir hier auch nichts darüber, von wessen Hand diese Bearbeitungen stammen?
Fragen über Fragen, deren Beantwortung uns Label und Künstler schuldig bleiben.

Letzterer heißt Firmian Lermer, wurde 1968 geboren und besuchte unter anderem Meisterklassen von Yuri Bashmet, Kim Kashkashian und sogar Segiu Celibidache. Als Bratschist des Scaramouche-Quartetts ist er auch regelmäßig mit größer besetzter Kammermusik zu hören.
Er hat den, sehr interessanten, Booklet-Text zu dieser CD selbst geschrieben und schlug dabei einen gut lesbaren, informativen Duktus an. Da wäre ja vielleicht noch ein Satz zum Thema „Umarbeitung für Bratsche“ drin gewesen…

Im Gegensatz zu der Einspielung Ori Kams auf Berlin Classics, der die hier zu hörenden Werke ebenfalls in einer Fassung für Bratsche spielte und dabei sehr „brav“ und akademisch klang, nimmt Lermer Telemanns Fantasien sehr emotional, zuweilen sogar etwas „ruppig“. Er liegt damit ganz im Trend der historischen Aufführungspraxis und erinnert mich an eine „Mini-Ausgabe“ des prägnanten Sounds von Ensembles wie zum Beispiel „Il Giardino Armonico“.
Nicht immer geht das ohne Verluste einher, wie man zum Beispiel am rhythmisch etwas wackelig eingespielten Presto der Fantasie Nr. 3 oder dem ebenfalls wackeligen Presto der Fantasie Nr. 5 hören kann, aber auch anhand weiterer Stellen auf dieser CD.
Trotzdem vermittelt Lermer etwas, das Ori Kam nicht so recht zu rüberzubringen vermochte: Die Lebendigkeit und das Atmen dieser Musik, die an ihren Solisten im Übrigen – man muss es wahrscheinlich nicht extra erwähnen – sehr sehr hohe spieltechnische Anforderungen stellt. Das dann noch auf der Bratsche zu verwirklichen, ist schon ein sehr ambitioniertes Unterfangen, und Lermer meistert es souverän.
Ob man nun zur blitzsauberen Ori Kam-Aufnahme greifen möchte oder zu der insgesamt lebendigeren, aber auch etwas weniger präzisen von Firmian Lermer ist nun die Qual der Wahl für alle, die an Telemanns Fantasien in der Bearbeitung für Bratsche interessiert sind.

Der Aufnahmeklang ist indes nicht als schlecht zu bezeichnen und ist ungemein durchhörbar und klar. Er klingt dabei jedoch primär nach leerer Kammer mit Steinfußboden – und allein das besagt schon, dass der Tonmeister es hier mit dem (in diesem Fall nicht sehr attraktiven) Raumklang vielleicht etwas zu gut gemeint hat.
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