M. Weinberg - Sinfonie Nr. 19 Op. 142 & "Die Banner des Friedens" Op. 143 (2012)
• • • • • Mieczysław Weinberg - Sinfonie Nr. 19 "Lichter Mai" Op. 142 & "Die Banner des Friedens" Op. 143Naxos' Kollektion auserlesener Weinberg-Sinfonien bleibt hochklassigvon Rainer Aschemeier • 21. November 2012
Würde man mich bitten, das größtmögliche Gegenteil von „Hintergrundmusik“ zu definieren, würde ich wohl als Beispiel die Sinfonien Mieczysław Weinbergs anführen. Insbesondere dessen Spätwerke in dieser Gattung zählen zu den wohl anspruchsvollsten Kompositionen des 20. Jahrhunderts. In ihrer unverhohlenen Schroffheit sind sie zudem ein extremes Beispiel eigenbrödlerischer Individualität, wie man sie extremer wohl höchstens noch bei Gian Francesco Malipiero finden kann. Mieczysław Weinberg war Mitte der 1980er-Jahre, zu der Zeit, als die auf dieser neuen Naxos-CD enthaltene Musik entstand, bereits ein verbitterter, von der Welt um ihn herum nahezu vergessener Komponist, der wahlweise als kompositorisches Fossil, als Störenfried oder schlicht als belanglos abgetan wurde. Derzeit werkeln drei Plattenfirmen separat voneinander an der Einspielung der Weinbergschen Sinfonien: Das Münchener Neue Musik-Label NEOS, das britische Label chandos und Naxos, aus deren Weinberg-Zyklus hiermit bereits die zweite Veröffentlichung vorliegt. Das St Petersburg State Symphony Orchestra unter Leitung Vladimir Landes erledigt, ähnlich wie beim letzten Mal wieder einen fabelhaften Job. Mit Op. 143, der sinfonischen Komposition „Die Banner des Friedens“, tischt uns Naxos hier noch einen sehr willkommenden Nachschlag auf. Das Stück entstand als einer von insgesamt nur zwei offiziellen Kompositionsaufträgen vonseiten der sowjetischen KP, was einmal mehr offenlegt, dass Weinberg vonseiten der Apparatschiks kein sonderliches Wohlwollen zu erwarten hatte. Zum 27. Kongress der Kommunistischen Partei in Auftrag gegeben, bekommen wir hier ein typisches sowjetisches Propagandastück zu hören: Pompös, mäßig modern, gewollt grandios und in einem Idiom, das auch die Sowjetoberen verstehen konnten. Musikalisch ist es damit deutlich weniger spannend als Weinbergs sperrige 19. Sinfonie, die gerade erst beendet war, als sich der Komponist daran machte, die „Banner des Friedens“ in Musik zu gießen. Aber gerade dieser Kontrast zwischen beiden Werken ist der „Aha-Effekt“, den sich musik- und kulturhistorisch interessierte Hörer zunutze machen können, um eines der spannendsten Musikerlebnisse unserer Tage weiterzuverfolgen: Die Wiederentdeckung der Sinfonien Mieczysław Weinbergs. Im Vergleich zur Sinfonie Nr. 6, die im Frühjahr von denselben Kräften eingespielt wurde, die auch auf dieser neuen CD wirken, ist der Aufnahmeklang leider erkennbar moderater ausgefallen und ist in diesem Fall sicher nicht höchsten Lobes wert. Gleichwohl ist der Klang in jeder Hinsicht amtlich, sodass diese CD wohl niemanden wirklich enttäuschen wird, obwohl sie nicht gleich zur HiFi-Speerspitze zählt. Was das Interpretatorische hingegen angeht, zählt diese Scheibe erneut zur absoluten Oberliga, und Naxos lässt damit erneut die Mitbewerber chandos und NEOS hinter sich, zumal die in Sachen Aufnahmeklang bisher auch nur moderate Ergebnisse vorzuweisen hatten (Beispielrezension s. u. a. hier). Fazit: Die Weinberg-Kollektion bei Naxos bleibt hochklassig und wird uns hoffentlich noch viel Interessantes in den heimischen CD-Player befördern. |
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