Mendelssohn Bartholdy (2012)
• • • Felix Mendelssohn Bartholdy - Klavierkonzert Nr. 1 op. 25, Variations sérieuses op. 54, Lieder ohne WorteNow and Then - wie schlägt sich die neue Stadtfeld-Einspielung im Vergleich zur '74er-Perahia-Referenz?von Rainer Aschemeier • 14. November 2012
Es gab Zeiten, in denen war Manches einfacher. Ging es etwa um die beste Einspielung von Felix Mendelssohn Bartholdys erstem Klavierkonzert, konnte man in jedweden Plattenladen (ja, so etwas gab es damals noch physisch) gehen, und man bekam garantiert überall dieselbe Aufnahme in die Hand gedrückt: Academy of St. Martin-in-the-Fields unter Neville Marriner, Solist: Murray Perahia. Gefundenes Futter also für alle Hifi-Puristen und Vergleichsbegierigen: Welche Aufnahme ist besser interpretiert, welche klingt besser – die „alte“ mit Perahia oder die „neue“ mit Stadtfeld? Vielmehr fallen erstaunliche Parallelen auf: Gleich mit der furiosen Eröffnung ist klar, dass Neville Marriner und sein Orchester heute ebenso vital und kraftstrotzend zu Werke gehen, wie vor 38 Jahren. Vieles hat sich seit damals nur unwesentlich geändert. Die Tempi etwa sind bis auf geringe Abweichungen fast exakt dieselben wie anno dunnemals. Auch der grundsätzliche Orchesterklang unterscheidet sich nur in Details von der legendären 1970er-Einspielung. Perahia ließ es einst als Meisterwerk der Hochromantik glänzen und erstrahlen. Bei ihm war Mendelssohn zudem das, was man ihm gern nachsagt, nämlich ein Mozart-Epigone und -Erbe. Fazit: Die neue Stadtfeld-Aufnahme des Mendelssohn-Konzerts ist den Vergleich mit alten Ruhmestaten der Academy wohl wert und besteht diesen Test mit Bravour. Ob man sich nun für die Perahia- oder die Stadtfeld-Lesart entscheidet, bleibt letztendlich eine rein persönliche Geschmacksfrage. Den Ausschlag zur Kaufentscheidung dürfte womöglich die auf der neuen Stadtfeld-CD ebenfalls enthaltene Klavier-Solomusik geben, die neben den sehr anspruchsvollen und kontrapunktgesättigten „Variations sérieuses“ op. 54 auch zehn der populärsten „Lieder ohne Worte“ Mendelssohns beinhaltet, die von Stadtfeld zuweilen – ich traue mich kaum es auszusprechen – ein wenig lustlos hingeträllert erscheinen. Alles in allem hinterlässt dieses Album den Eindruck, dass all das, was „Anspruch“ verheißt, Martin Stadtfelds höchste Aufmerksamkeit erhält, während die „Crowdpleaser“ hier eher routiniert abgefertigt werden. Die CD ist als Limited Edition mit einer Bonus-CD erhältlich, auf der Stadtfeld neben Mendelssohn auch Schumann und Bach interpretiert. Fazit: Die Solo-Klaviermusik ist hier weniger beeindruckend als das Klavierkonzert, das sich in dieser neuen Fassung selbst vor den Referenzaufnahmen von einst nicht zu verstecken braucht. Ein zweischneidiges Schwert also… |
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