Hommage á Clara Schumann (2012)
• • • • • Hommage á Clara SchumannEntdeckungen am laufenden Bandvon Rainer Aschemeier • 28. September 2012
Eins vorweg: Der Titel dieser CD könnte suggerieren, dass es sich bei dieser wunderbaren Kammermusikveröffentlichung des kleinen Labels Kaleidos Musikeditionen um eine Anthologie handelt, die ausschließlich aus Stücken Clara Schumanns besteht. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr bezieht sich der CD-Titel auf den Werktitel einer der auf dieser Kaleidos-Novität vorgestellten Kompositionen; doch dazu später mehr. Immer noch wissen viele Klassik-Hörer nicht, dass Clara Schumann neben ihrer weithin bekannten Laufbahn als virtuose Pianistin und natürlich auch als Ehefrau Robert Schumanns auch selbst komponierte. Sie gehört zu den dramatischsten Episoden im Leben der Schumanns: Die Zeit, in der sich Clara Robert zuliebe von der Komposition abwandte und fortan eher ein Schattendasein neben ihrem Ehemann führen sollte. Vielmehr sollte man sich die gesellschaftliche Situation des 19. Jahrhunderts vor Augen führen, in der hochbegabte Frauen schlicht nicht vorgesehen waren. Frauen, die mehr anstrebten als eine „Karriere“ als Ehefrau und Mutter, wurden als „nicht normal“ empfunden. Und so muss man die vorliegende CD-Neuheit unter diesen Vorzeichen begreifen: Es geht hier durchwegs um Komponistinnen – und zwar um solche, die in irgendeiner Beziehung zu Clara Schumann standen oder sich heute ihrem Werk verbunden fühlen. Von bemerkenswerter Schönheit ist auch die Sonate für Klavier und Violoncello op. 17 von Luise Adolphea Le Beau. Sie war eine Zeitgenossin und Schülerin Clara Schumanns (die sich von ihrer Lehrerin schikaniert fühlte) und wurde selbst zu einer namhaften Pianistin ihrer Zeit. Ihre Sonate ist wahrscheinlich die lohnenswerteste Entdeckung, die man in dem vorliegenden CD-Programm machen kann. Das Stück „Hommage á Clara Schumann“ aus der Feder der 1975 geborenen, weißrussischen Komponistin Oxana Omelchuk ist neben dem Stück „Epilogue“ von Rebecca Clarke ein Beitrag aus dem Lager der Neuen Musik. Omelchuk fokussiert in ihrer viersätzigen, rund 13-minütigen „Hommage“ die Wendepunkte im Leben Clara Schumanns. Ihre spröde Komposition umfasst auch Melodrame – also gesprochene Rezitate zu Musik – aus Clara Schumanns Briefen. Das Werk ist – wie gesagt – eher spröde, vermittelt aber dadurch auch ein Gefühl für die Brüche in Claras Lebenslauf, die in der öffentlichen Rezeption zu wenig reflektiert werden. Entdeckungen gibt es auf dieser CD überall, so auch bei den Interpreten: Das Duo Katharina Deserno (Cello) und Nenad Lečič (Klavier) entpuppt sich als wahrlich großartige Kammermusikformation. So hervorragende Kammermusikaufnahmen hört man nicht alle Tage: Lečič überzeugt als technisch sehr versierter, dynamisch ungemein differenzierungsfähiger Pianist und Deserno fasziniert durch ein sehr intonationssicheres, klangschönes und dazu erfreulich wenig auf Effekthascherei bedachtes Cellospiel. Das sind im besten Sinne neutrale Interpretationen, die nicht den Interpreten in den Vordergrund stellen, sondern das Werk. Zudem pflegen sie ein ideales Zusammenspiel. In der Tat: In der Kombination Cello/Klavier gehört diese CD in Sachen interpretatorischer Ausführung mit einigem Abstand zum Besten, was ich im laufenden Jahr bisher gehört habe. Auch klanglich macht die Veröffentlichung einen sehr guten Eindruck: Wie schön dreidimensional hier alles klingt! Der Aufnahmeraum wird beinahe visuell sichtbar: wie sich der Klang nach oben entfalten kann, wie auch die Tiefe des Raumes erlebbar wird… das ist nicht weniger als grandiose Tonmeisterarbeit, die man sich öfter wünschen würde. Somit kann die CD auch als warme Empfehlung für HiFi-Enthusiasten durchgehen. |
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