S. Rachmaninoff - Sinfonie Nr. 2 / L. Bernstein - Candide-Overture (2012)
• • • • • Sergej Rachmaninoff - Sinfonie Nr. 2 / Leonard Berstein - "Candide"-OvertureSwetlanow in Londonvon Rainer Aschemeier • 14. September 2012
Seit einiger Zeit legt das Archivlabel „ica classics“ in schöner Regelmäßigkeit hochklassig remasterte Rundfunkaufnahmen aus den Archiven von BBC und WDR auf CD vor. Sein wir ehrlich: Viele dieser Archivaufnahmen mögen vor allem für Sammler und Spezialisten ein Ereignis sein, haben aber für den Kanon dessen, was man unbedingt gehört haben muss kaum eine Relevanz. Oder, um es geradeheraus zu sagen: Referenzeinspielungen hört man bei solchen Archivlabels nur selten mal. Einen solch seltenen Fall haben wir hier mit einer schlicht umwerfenden Einspielung der zurecht beliebten zweiten Sinfonie des Russen Sergej Rachmaninoff. 1993 in der Royal Festival Hall of London von der BBC aufgezeichnet, markiert die nun erstmals auf CD erschienene Archivaufnahme eine Sternstunde in der Geschichte des Philharmonia Orchestra. Dort fand sich seinerzeit der legendäre russische Dirigent Ewgeny Swetlanow ein und trieb das Orchester bei der Interpretation eines seiner erklärten Lieblingsstücke des russisch-sinfonischen Repertoires zu physischen und interpretatorischen Höchstleistungen. Besonders die extreme Dynamikpalette, die Swetlanow aus dem mit äußerster Anspannung agierenden Philharmonia Orchestra herauskitzelt, ist beeindruckend. Spannend ist aber auch, wie „kammermusikalisch“ er die Partitur behandelt, wie gezielt und wohlorientiert er einzelne Stimmen aus dem dichten Satz herausmeißelt und exponiert. Das ist in der Tat eine Weltklasse-Einspielung, wenngleich man festhalten muss, dass in ihr auch eine nicht unproblematische Eigenschaft Swetlanows zum Ausdruck kommt. Denn Swetlanow, der auch Komponist (im spätromantischen Stil) war (mehr Informationen dazu siehe hier), verstand sich selbst als kompositorischen Epigonen Rachmaninoffs. Keine Frage: Diese CD ist ohne jeden Zweifel eine der aufsehenerregendsten Archiventdeckungen der letzten Jahre. Rachmaninoff-Sammler dürfen sie ebenso wenig verpassen, wie die eingangs erwähnte neue Referenzeinspielung des Royal Philharmonic Orchestra, die im letzten Jahr erschien. Und ja, auch „Neueinsteiger“ in das Werk Rachmaninoffs sind mit dieser CD sehr gut bedient – auch, wenn sie die erwähnten Eigenmächtigkeiten Swetlanows enthält. Beim Klang von Archivaufnahmen muss man ja leider oft Abstriche machen. Bei dieser BBC-Produktion ist – abgesehen von den unvermeidbaren kleinen Unzulänglichkeiten einer Liveaufnahme – aber alles im grünen Bereich: Für eine Aufnahme aus dem Jahr 1993 ist die Auflösung und Tiefenstaffelung mehr als vorbildlich, eher schon sensationell. Etwas störend bemerkbar macht sich höchstens eine leichte Überbetonung des mittleren Frequenzspektrums, die aber angesichts der Live-Situation als verzeihlich gelten kann und auch wirklich kaum ins Gewicht fällt. Die klanglichen Abstriche bei der auf der CD ebenfalls enthaltenen Darbietung der schmissigen „Candide“-Overture von Leonard Bernstein sind ungleich größer. Diese Aufnahme der BBC aus dem Jahr 1978, aufgezeichnet in der Ulster Hall von Edinburgh, kann aber so oder so nicht überzeugen. Weder hatte das hierbei zu hörende London Symphony Orchestra einen guten Tag, noch der zuständige Tonmeister, noch Maestro Swetlanow selbst, der Bernstein wohl irgendwie mit Schostakowitsch verwechselt haben muss – jedenfalls klingt es so… |
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