Seppo Pohjola - Sinfonien Nr. 1 & 2Entdeckenswerte sinfonische Neuheiten aus Finnlandvon Rainer Aschemeier • 7. September 2012
Es soll ja Leute geben, die trauern der „klassischen“ Moderne hinterher – zum Beispiel den deutschen Expressionisten, die um die 1920er-/30er-Jahre herum den Zeitgeist prägten und es verstanden, akademisch fundierte und trotzdem rasant moderne Musik zu erschaffen, die nicht zuletzt auch noch einem breiten Publikum zugänglich zu machen war. Warum aber komme ich hier mit den Expressionisten um die Ecke, wenn ich die neueste CD des finnischen Qualitätslabels „Alba“ besprechen möchte? Vor allem Pohjohlas erste Sinfonie aus dem Jahr 2002 trägt viel vom Geist Paul Hindemiths in sich – und das ist durchaus als Kompliment gemeint! Das Stück fußt auf einer persönlichen Tragödie im Leben des Komponisten, nämlich dem plötzlichen Tod seiner beiden Brüder. Ihnen ist die klassisch viersätzig gehaltene Sinfonie gewidmet. Spannend ist es dann, die zweite Sinfonie Pohjolas (2006) im Vergleich zu hören. Sie ist viel quirliger, atonaler, auch eigenständiger als ihre Vorgängerin. Pohjola scheint hier mehr „er selbst“ zu sein, orientiert sich weniger an Vorbildern aus der Vergangenheit der Musikgeschichte. Zwar kommt er auch in diesem Stück nicht von seiner expressionistischen Grundierung los, muss er ja aber auch gar nicht; denn einer, der so schreibt wie es Pohjola tut, bewegt sich auf zeitlos modernen Pfaden. Das Finnische Radiosinfonieorchester unter der Leitung des erfahrenen Dirigenten Sakari Oramo macht auf der vorliegenden CD eine recht gute Figur und erweist sich allen Herausforderungen der rhythmisch zuweilen wagemutigen Musik vollauf gewachsen. Das mag auch an dem zwar etwas routiniert, aber doch sehr hochrangig routiniert wirkenden Dirigat des finnischen Stardirigenten Sakari Oramo liegen. Er, der 1998 den Dirigierstab in Birmingham von seinem Vorläufer Sir Simon Rattle übernahm, als der zu den Berliner Philharmonikern wechselte, ist neben seinem Job in Birmingham zudem auch Chefdirigent des hier zu hörenden Finnischen Radiosinfonieorchesters. Ab 2013 wird er in Birmingham quittieren und zum BBC Symphony Orchestra wechseln. Auch, als er Anfang dieses Jahres (2012) für den erkrankten Lorin Maazel bei den Wiener Philharmonikern einsprang, war das Medienecho sehr positiv. Was bei der vorliegenden SACD durchaus verbesserungsfähig gewesen wäre, ist der Aufnahmeklang, der hauptursächlich dafür ist, dass das Orchester zu kompakt und eindimensional wirkt. Die Musik Pohjolas, die jede Menge Potenzial für räumliche Tiefenstaffelung zugelassen hätte, hätte ich mir etwas differenzierter und transparenter aufgezeichnet gewünscht, als wir das hier hören können. Das überrascht etwas, denn sonst ist „Alba“ ja für seinen audiophilen Anspruch bekannt. Vielleicht können sich aber Hörer der auf der SACD vorhandenen 5.0-Surround-Spur an der begehrten Räumlichkeit erfreuen. Da ich aus Überzeugung meine Anlage ganz auf hochklassigen Stereo-Genuss ausgerichtet habe, kann ich zum Surroundsound dieser SACD-Novität nichts beitragen. Es wäre zu wünschen, dass man dort auf die Tiefenstaffelung und Dreidimensionalität trifft, die der Stereo-Mix dieser Aufnahme leider nicht hergibt. |
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