Simone Kermes - "Dramma"So macht "Hochglanz-Klassik" Spaß!von Rainer Aschemeier • 27. August 2012
Eine wunderschöne CD ist jüngst beim etablierten Sony Classics-Label erschienen. Sie heißt „Dramma“ (von der im Barockzeitalter häufig verwendeten Bezeichnung „Dramma per musica“ ...statt „Oper“) und ist die neueste Recital-Produktion der Sopranistin Simone Kermes, die bei Sony bereits ein paar sehr erfolgreiche Produktionen dieses Typs vorgelegt hat. Bereits bei der Wahl des Begleitensembles ging man hier nämlich ungewöhnliche Wege und entschied sich für das herausragende, aber sehr gering bekannte Kammerorchester La Magnifica Comunità. Dieses italienische Alte-Musik-Ensemble war bislang vor allem beim niederländischen Low Budget-Label Brilliant Classics durch sehr gute Boccherini-Einspielungen aufgefallen. Die deutschen Feuilletons hatten (ganz im Gegensatz zu den internationalen) hiervon kaum Notiz genommen. Umso löblicher, dass diesem grandiosen Orchester hier einmal ein Platz im vollen Rampenlicht gewährt wird. Wie sich zeigt, erfolgt das ganz zurecht: Selten habe ich eine dynamischere, spannungsreichere, zu jeder Sekunde vor Vitalität strotzende Alte-Musik-Aufnahme wie diese hier gehört. Und während dieses Lob natürlich first and foremost (wie die Briten sagen) der Solistin gebührt, kann ich nicht umhin festzustellen, dass La Magnifica Comunità ihr, der großen Simone Kermes, dabei als kongenialer Partner auf Augenhöhe zur Seite steht. Dieselbe setzt sich übrigens aus Raritäten barocker, meist italienischer Opern zusammen, die einst für die führenden Kastraten-Solisten wie etwa Farinelli oder Caffarelli geschrieben wurden. Dieses Schema scheint bekannt und erinnert letzten Endes frappierend an die anno 2008 viel gelobte DECCA-Produktion „Sacrificium“ von Cecilia Bartoli; und in der Tat: Simone Kermes bedient sich hier teilweise aus denselben Opern von Leonardo Leo, Nicola Porpora und anderen, wie vor ein paar Jahren noch die Bartoli. Allerdings wurden hierbei andere Arien ausgewählt, was zeigt, wie reich dieses noch immer weitgehend unentdeckt vor sich hinschlummernde Schatzkästlein der italienischen Barockoper doch ist. Wie enorm reich an melodischem Einfallsreichtum und Eingängigkeit diese Raritäten sind – die hier zum Teil in Weltersteinspielungen auf CD erscheinen -, ist ganz erstaunlich! Bei diesem publikumswirksamen Repertoire sollte man meinen, dass es alle der hier in winzigen Auszügen vorgestellten Opern schon längst in den Kanon der allseits beliebten Bühnenproduktionen geschafft hätten. Doch weit gefehlt… Wenngleich die CD mit viel unnötigem Verpackungspomp und produktionstechnischem Heckmeck einhergeht, kann man im Endeffekt nur eine warme Kaufempfehlung aussprechen. Diese CD ist es wert, gehört zu werden – egal, ob von der „Masse“ oder vom Barockspezialisten. Zu dieser Kaufempfehlung trägt übrigens auch ein blitzsauber aufgelöster, sehr angenehm ausbalancierter Aufnahmeklang bei, der vielleicht nicht alleroberste HiFi-Gelüste erfüllt, aber ohne Probleme wohl die Meisten aus der anspruchsvolleren Klassikkundschaft zufriedenstellen dürfte. |
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