Ralph Vaughan Williams - "On Wenlock Edge", "Merciless Beauty", "Prelude on Three Welsh Hymn Tunes", "Five Tudor Portraits"Historisches für Jäger und Sammler von den Gralshütern der Ralph Vaughan Williams-Societyvon Rainer Aschemeier • 5. August 2012
Erst 2007 gegründet und für Fans des britischen Sinfonikers Ralph Vaughan Williams bereits fünf Jahre später absolut unverzichtbar geworden ist das britische Label Albion Records. Die Ralph Vaughan Williams-Society hatte denn mit der Ausgründung von Albion Records auch ein ganz klares Ziel: Solche Vaughan-Williams-Einspielungen auf den Markt zu bringen, die entweder noch nie oder seit langer Zeit nicht mehr erhältlich waren. Das bezieht sich sowohl auf extrem selten zu hörende Werke des Komponisten als auch auf selten zu hörende historische Einspielungen von ansonsten bekannten Vaughan Williams-Stücken. Auf der vorliegenden neuen Albion Records-CD finden wir beides: „On Wenlock Edge“ für Klavier, Streichquartett und Tenor dürfte zu den bekanntesten und beliebtesten Vaughan Williams-Stücken zählen und wurde bereits vielfach eingespielt. Hier jedoch hören wir es in einer historischen Wiedergabe, für die im etwas konfus angeordneten CD-Booklet leider keinerlei Jahresangabe geliefert wird. Nach meinen eigenen Recherchen müsste es eine Aufnahgme aus dem Jahr 1954 sein. Sie erschien einst beim DECCA-Sublabel Argo und erklingt hier in einem Remastering, das als Grundlage offenbar die alte Schallplatte hatte. Interessant ist vor allem der Tenor-Part: Es singt hier nämlich Alexander Young, der in den 1950er-Jahren von Igor Strawinsky auserwählt wurde, um die Rolle des Tom Rakewell in der Weltersteinspielung von Strawinskys neoklassischer Oper „The Rake’s Progress“ zu übernehmen. Mit dem kurzen „Merciless Beauty“ folgt ein extrem selten zu hörendes Stück, dass hier zum ersten Mal überhaupt auf CD vorliegen dürfte. Für die ungewöhnliche Besetzung aus zwei Violinen, einem Violincello und Tenorstimme gesetzt, gehört es zu Ralph Vaughan Williams mittlerer Schaffensperiode und entstand 1921. Der Komponist verquickte in diesem Stück drei Lieder zu „Rondellen“ – wie er sich im Untertitel des Werks ausdrückte. „Merciless Beauty“ stammt aus demselben Jahr wie Vaughan Williams‘ kontemplative „Pastoral Symphony“ – und das hört man dem Stück auch an. Die Aufnahme, die wir hier hören entspringt einer BBC-Rundfunkübertragung des Jahres 1960. Erneut singt der fabelhafte Tenor Alexander Young (siehe oben). Es folgt die „Prelude on Three Welsh Hymn Tunes“ für Blaskapelle (nicht zu verwechseln mit dem beinahe gleichnamigen Orgelstück). Auch dieses Stück ist extrem selten zu hören und auf CD sonst kaum erhältlich. Somit dürfte auch hier das Sammlerherz Funken schlagen, wenngleich die hier erklingende Aufnahme der Blaskapelle der Heilsarmee (!) aus dem Jahr 1955 aus klanglichen Gründen kaum genussfähig genannt werden kann. Immerhin markiert die Aufnahme die allererste Rundfunkausstrahlung des Stücks, bei welcher auch der Komponist höchstselbst zuhause vor dem Radio gesessen hat, wie uns das Booklet informiert. Mit etwas mehr als 36 Minuten Spielzeit folgt zuguterletzt wieder eines der bekannteren Vaughan Williams-Stücke, nämlich die „Five Tudor Portraits“ aus dem Jahr 1935. Das wuchtige Stück für volles Sinfonieorchester, Mezzo-Sopran, Bariton und gemischten Chor gehört seit eh und je zu den vor allem in Großbritannien besonders beliebten Vaughan Williams-Werken. Das Remastering eigentlich aller hier vertretenen Aufnahmen bleibt meines Erachtens unter seinen Möglichkeiten. Wie hervorragend alte Aufnahmen klingen können, führen uns andere Labels regelmäßig vor Ohren. Bei Albion Records hingegen hat man sich für „Methode Holzhammer“ entschieden und hat die hohen Frequenzen stark gedeckelt – wohl um sowohl das charakteristische Knacksen alter Schellack-Platten als auch Bandrauschen zu unterdrücken. Dass so etwas heutzutage auch sehr viel eleganter geregelt werden kann, hat sich wohl noch nicht bis zur Ralph Vaughan Williams-Society herumgesprochen. Das ist zweifellos schade. Trotzdem dürfte die CD noch für einige Luftsprünge gut sein, die Sammler in Anbetracht zweier extrem selten zu hörender Raritäten und einer absolut hochklassigen Interpretation von „On Wenlock Edge“ tun dürften. Die eher mittelprächtige Rundfunkaufnahme der „Five Tudor Portraits“ hätte es meines Erachtens eher nicht gebraucht, und ich kann mir auch kaum vorstellen, dass es Sammler geben wird, die ausgerechnet auf diese Steinberg-Einspielung gewartet haben. Versöhnt wird der Vaughan Williams-Fan zudem mit der zweiten CD dieses Doppel-CD-Packs. Sie enthält ein rund zwanzigminütiges Interview der BBC mit dem Komponisten höchstselbst aus dem Jahr 1950. Das ist schon sehr interessant! |
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