P. I. Tschaikowsky + C. Nielsen - Violinkonzerte (2012)
• • • • Pjotr Iljitsch Tschaikowsky / Carl Nielsen - ViolinkonzerteVilde Frang - der neue Star am Geigenhimmel - berechtigt?von Rainer Aschemeier • 26. Juli 2012
Vilde Frang stellt auf ihrem Solo-Drittling eines der bekanntesten (aber qualitativ umstrittensten) Violinkonzerte (nämlich Tschaikowskis D-Dur-Konzert op. 35 aus dem Jahr 1878) neben eines der unzweifelhaft besten (aber relativ unbekannten), nämlich Carl Nielsens Violinkonzert op. 33 aus dem Jahr 1911. Diese Mischung ist ebenso mutig wie kalkuliert. Tschaikowskis Welthit hat schließlich so ziemlich jeder schon im Schrank. Warum also noch eine Fassung kaufen? Nielsens Fans hingegen werden immer zahlreicher und suchen noch nach neuem Futter für die heimische HiFi-Anlage. Und obwohl es auch von Nielsens Violinkonzert bereits seit Jahrzehnten ganz und gar großartige Einspielungen gibt, war bislang zumindest noch keine dabei, die einen internationalen „Nr. 1-Star“ aus der Riege der Majorlabels aufwies. Keine Frage: Vilde Frang soll von EMI zum Superstar der Klassik aufgebaut werden – und das mit ähnlichen Methoden, wie es die Deutsche Grammophon Gesellschaft vor einigen Jahren mit Hilary Hahn gemacht hat. Hahn, 1979 geboren, ist dem „Fräuleinwunder-Alter“ entwachsen, nun sieht wohl EMI darin eine Chance für die erst 26-jährige Vilde Frang. Tschaikowskis Violinkonzert ist seit jeher umstritten (Der wohl einflussreichste Musikkritiker des 19. Jh.s – Eduard Hanslick – fragte sich angesichts des Stückes gar, ob es wohl auch Musik geben könnte, die man (ich zitiere) „stinken hört“). Interessanterweise ist der Gesamteindruck hierbei gleich von der ersten Note an besser. Vilde Frang scheint diese Musik tatsächlich innig zu lieben, jedenfalls gibt sie „ihren“ Nielsen hoch emotional. Vor allem ihre Dynamikpalette ist dabei einzigartig und kann mit den besten Einspielungen des Stücks jederzeit mithalten. Auch spieltechnisch kommt diese Aufnahme deutlich versierter rüber. Alles klingt insgesamt runder, ausgereifter als der Tschaikowsky-Beitrag. Auch in Sachen Sound hat sich EMI nicht lumpen lassen. Jan Oldrup – der Mann, der sonst beim dänischen Nationallabel „dacapo“ für kompromisslosen Spitzensound sorgt, hat für EMI sein ganzes Können in die Waagschale geworfen und eine in jeder Hinsicht großartig klingende Aufnahme produziert. Herrlich sonor der Bass, glasklar die Höhen, samtig weich die Streicher und Bläser des Orchesters… einfach grandios! Wenn alle Klassik-CDs klingen würden wie diese, wäre die HiFi-Welt in Ordnung! Fazit: Ein äußerst hörenswertes Album ist das Dritte von Vilde Frang geworden. Allerdings weiß hierbei vor allem ihr Nielsen-Vortrag zu beeindrucken, während die Solistin in Sachen Tschaikowsky manchmal nicht so ganz „bei der Sache“ zu sein scheint. Der Sound ist unglaublich gut und wird bei HiFi-Fans für Gänsehaut sorgen. Vilde Frang ist eine Künstlerin, die man im Auge behalten sollte. |
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