Go to content Go to navigation Go to search

The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

J. MacMillan - Veni, Veni, Emmanuel (MacMillan Series Vol.1)
Niederländische Radio-Kammer-Philharmnonie - J. MacMillan

(2012)
challenge classics

• • • •

James MacMillan - Veni, Veni, Emmanuel (Konzert) / "A Deep but Dazzling Darkness" / Í (A Meditation on Iona)/

Die erste CD in challenge classics' ambitioniertem "MacMillan Series"-Projekt

von Rainer Aschemeier  •  24. Juli 2012
Katalog-Nr.: CC72540 / EAN: 608917254020

Einige der namhaftesten Komponisten Neuer Musik am Anfang unseres 21. Jahrhunderts kommen aus Großbritannien. Da wäre zum Beispiel Peter Maxwell Davies, der nicht nur als bekannt, sondern sogar als „hip“ eingestuft werden kann und dessen Sinfonien derzeit eine Retrospektive erfahren (wir berichteten hier und hier).
Nicht zu unterschätzen ist aber auch der Schotte James MacMillan, dessen Werke sowohl im Konzertsaal als auch auf Tonträger eine beeindruckend weite Verbreitung gefunden haben. Vor allem die britischen Labels haben sich bislang der Archivierung von MacMillans Musik gewidmet, allen voran chandos, aber auch hyperion und LSO (das orchestereigene Label des London Symphony Orchestra).

Nun soll es gar eine ganze CD-Reihe geben, die sich MacMillans Werken widmet, also offenbar so etwas wie eine Art Werkretrospektive auf mehreren CDs. Und dieses Unternehmen startete unlängst ausnahmsweise mal nicht in Großbritannien, sondern auf dem europäischen Festland, genauer gesagt in den Niederlanden. Das für seine hohe Qualität bekannte Label challenge classics eröffnet mit dem hier vorgestellten „Vol. 1“ seine „MacMillan series“. Wie viele CDs sie letzten Endes umfassen wird, werden wir sehen.

Eine Besonderheit der Reihe ist auf jeden Fall, dass der Komponist selbst seine Werke dirigiert. Die niederländische Radio-Kammerphilharmonie, ein etabliertes Orchester, das auf vielen Labels zu Hause ist und dass wir bei the-listener.de unter anderem schon hier und hier ausgiebig loben konnten, bildet dabei den kongenialen orchestralen Partner.
Der Sound ist von den Tonmeistern des niederländischen Rundfunks routiniert hochklassig aufgezeichnet worden und macht challenge classics‘ Ruf, ein Label für Hifi-Freunde zu sein, alle Ehre.

Interpretation und Klang sind also schon einmal sehr gut; bliebe da noch das kompositorische Werk selbst – und hier dürften sich die Geister scheiden. Ich persönlich werde mit der Musik der „neuen“ Briten einfach nicht so recht warm. Ich finde auch MacMillans Stücke schwerfällig, spröde, hölzern – eben einfach nicht recht zugänglich. Woran liegt das?
Liegt es an MacMillans konsequentem Hang zu Zwölftönigkeit und Serialismus? Sicher nicht, denn wer diese Seiten öfters liest, weiß, dass hier erst kürzlich CDs mit Musik von Bernd Alois Zimmermann, Earle Brown, usw. sehr gelobt wurden und dass wir auch sonst nichts gegen Zwölftöner einzuwenden haben.
Liegt es an MacMillans ebenfalls konsequentem Einbezug elektronischer Klangquellen, die in vielen seiner Werke eine prominente Rolle spielen? Auch das ist meines Erachtens nicht der Grund.
Der Grund liegt für mich in der Kompositionsweise von Leuten wie MacMillan oder Maxwell-Davies: Das Blech immer ein bisschen überpräsent, gern mal in Richtung „durchgedrehte Blaskappelle“, die Streicher bilden dazu einen eher dunkel gewebten Teppich, hohe Solostreicher schwirren unentwegt über den orchestralen Nebenschwaden, und die Perkussionsinstrumente tragen zur allgemeinen Völlnis zusätzlich bei.
Es ist gerade bei der hier vorgestellten CD kaum zu glauben, dass wir hier ein Kammerorchester hören – so schwer und voll klingt alles. Eins ist jedenfalls klar: Eine gesunde Selbstreduktion ist nicht die Sache der derzeitigen britischen Komponistenelite – und es ist auch kaum anzunehmen, dass sich daran bald etwas ändern wird; wohl auch nicht mit „vol. 2“ der ansonsten fabelhaft konzipierten „MacMillan series“.

Wer James MacMillans Musik mag, kann mit dieser CD nichts falsch machen. Diese Aufnahmen werden auch in Jahrzehnten noch Referenzcharakter haben. Wer die Musik des schottischen Komponisten-Stars noch nicht kennt, sollte lieber erst einmal reinhören, ob er mit dem spröden Sound leben kann.

((Das Hörexemplar der CD für diese Besprechung wurde uns freundlicherweise von challenge classics zur Verfügung gestellt.))

Stöbern

Verwandte / ähnliche Artikel:

Archiv

Alle Reviews können im Archiv nachgeschlagen werden. Dort ist auch eine gezielte Suche möglich.