Show Me Your Tearsvon Frank Castenholz • 3. November 2003 Weshalb eine neue Frank Black rezensieren? Bleibt doch eh alles beim Alten. Wieder mal hat der Indie-Onkel mit Unterstützung seiner Katholiken und ein paar Gästen (u. a. Van Dyke Parks am Klavier) 13 Songs auf 2-Spur live (im Sinne von: im Kollektiv und ohne Nachbearbeitung) eingespielt. Und die Platte klingt eigentlich nicht anders als das, was er so über die letzten 5 Jahre aufgenommen hat. Und die Cover-Kunst sieht genauso hingeschlunzt billig aus wie ehedem. Keine Experimente. Das provoziert dann allenfalls einige kurze Kritiken in der Musikpresse, die sich Schulter zuckend, gelangweilt oder genervt geben (so z.B. Spex 9/03: „nur in smaller Dosis dauerhaft zu ertragen“). Wer nun boshafterweise meint, Black fabriziere seit Beginn seines Solo-Schaffens immer nur den gleichen Schweinerock, liegt dennoch nicht ganz richtig. Nach dessen durchaus reizvollen Indiegeschrammel mit Stilbruchgarantie, das sich vom selbstbetitelten Debut bis zum Pistolero-Album hinzog – und zugegebenermaßen von mal zu mal weniger Überzeugungsarbeit am Hörer leistete –, folgte immerhin der großartige Country-Rocker Dogs in the Sand und die ebenbürtige Doppelveröffentlichung Black Letter Days/Devil´s Workshop. Seit diesen Alben kann man die im Takt pumpende Faust des Öfteren in der Tasche lassen; Sentiment und Seele country style imprägnieren die ewigen drei Akkorde auf anrührende Weise. Dabei ist es eine stete Frage: Wie macht er das nur, dass das weder abgeschmackt noch altbacken klingt und dass die Akkordähnlichkeiten zu früheren Stücken eher wohlvertraut als redundant wirken? Warum macht das Wiederhören solche Freude? Vielleicht sind es diese leichtfüßigen, stilbewussten, durchaus abwechslungsreichen, aber: aus einem Guss fließenden Arrangements des gesammelten Liedguts. Möglicherweise ist es auch diese hohe, aber: bodenständige, nie eiernde, aber: Eier besitzende Stimme, an deren Stelle man sich keine andere Stimme vorstellen mag – fast schon weißer Soul. Sicherlich ist es schließlich Blacks lässige Manier, berührende, sentimentale, mal pianoklimpernde, mal bluesgetränkte, mal rockige, mal Steelgitarren-getragene Songs mit höchster Kunstfertigkeit nachgerade beiläufig herauszurotzen. Bei aller Wertschätzung ist nun freilich nicht jedes Lied der neuen Scheibe ein Killer. So manches Mal keimt der Argwohn, man hätte dem Lied mit einer kleinen Nachpolitur einen großen Gefallen getan. Wer schon ein paar FB&TC-CDs besitzt, wird kaum neue Erkenntnisse durch „Show Me Your Tears“ gewinnen. Dass Black diesmal nach eigenen Angaben zutiefst liebeskummernd und scheidungsschwanger im Studio stand, mag man allenfalls den Texten entnehmen („well there´s a perfect explanation/ for the shit that I´ve been in/ as soon as I find out/ I´ll let you know“ etwa); die Musik jedenfalls ist nicht trauriger oder trotziger als sein bisheriges Oeuvre; „Black Letter Days“ schien mir gar um einiges melancholischer. Lohnenswert ist die Anschaffung dennoch – allein schon wegen der paar Songs, die wirklich jedes Oberliga-Mixtape in die Champions League retten: „Everything Is New“ mit dem hemdsärmelig eingestreuten Klavier, das herzig beseelte „My Favorite Kiss“, die Lagerfeuerakustik von „Coastline“ oder insbesondere die Verbeugung vor Leonard Cohens Gesangsstil in „This Old Heartache“. Als Fazit rufen wir also pflichtschuldig über den großen Teich: Well done again, Mr. Black! Eine Platte des Monats werden Sie wohl nicht mehr abliefern, selbst wenn Sie die Pixies reformieren (jaja, die Gerüchte gibt´s) – genauso wenig wie meinetwegen Cracker oder die Breeders. Aber das habt Ihr alle ja auch wirklich nicht mehr nötig! |
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