A. Glasunow / N. LeFanu / K. Meyer - Saxophon-Konzerte (2012)
• • • • • Glasunow, LeFanu, Meyer - SaxophonkonzerteSternstunden für ein "aquatisches Instrument"von Rainer Aschemeier • 26. Mai 2012
Die meisten Musikhörer kennen es so gut wie ausschließlich aus der Jazzmusik, nicht wenige halten es im klassischen Orchester perse für verzichtbar, und Claude Debussy beschimpfte es einst als „aquatisches Instrument“: Das Saxophon. So richtig spannend wurde es erst, als der Jazz in den 1920er-Jahren in der Popmusik für einen Saxophon-Boom sorgte, dem sich auch die Vertreter der sogenannten E-Musik nicht entziehen konnten: Alban Berg, Igor Strawinsky, Ralph Vaughan Williams, Maurice Ravel, Benjamin Britten – und ja, auch Claude Debussy komponierten Musik mit prominenten Saxophonparts. Ein veritables Saxophonkonzert schrieb jedoch niemand von ihnen. Ausführender Solist und Dirigent der hier vorgestellten Einspielung ist John-Edward Kelly, dessen Lehrer Sigurd Rascher war. Rascher wiederum war Solist bei der Uraufführung des Glasunowschen Konzerts im Jahr 1934 im schwedischen Nyköping. John-Edward Kelly verfügt über ein ungewöhnlich hohes Maß dynamischer Abstufungen und über eine außergewöhnliche Virtuosität. Während dies Glasunows Saxophonkonzert eher „beiläufig“ zugute kommt, kann Kelly bei den beiden anderen Stücken auf dieser CD wirklich alles zeigen, was sein Instrument hergibt. Sowohl die irische Komponistin Nicola LeFanu (eine Enkelin des irischen Kultschriftstellers Sheridan LeFanu, der eine Art irische Antwort auf E.T.A. Hoffmann war) als auch der polnische Komponist Krzysztof Meyer beschränken sich nicht darauf, das Saxophon als bloßes Blasinstrument zu betrachten. Bei ihnen wird es auch als quasi perkussives Gestaltungselement eingesetzt. Obertöne werden geradezu provoziert, herausgekitzelt, möglichst ungewöhnliche Klangeffekte sollen erzielt werden. Während dies bei Krzysztof Meyer recht gut funktioniert – einfach auch deshalb, weil er als einstiger Freund Witold Lutosławskis und als heute noch aktiver zeitgenössischer Komponist einen adäquat modernen Stil pflegt -, ist das Konzert für Altsaxophon und Streichorchester von Nicola LeFanu in meinen Augen deutlich weniger gelungen. LeFanu müht sich, ihrem Konzert einen modernen Anstrich zu verpassen, kann aber nicht verhehlen, dass ihr neoromantische Klänge á la Michael Nyman eigentlich lieber gewesen wären. Klangtechnisch ist die CD durchaus gelungen, lässt es aber etwas an akustischer Auflösung fehlen. Nichtsdestotrotz kann man hier ohne Bedenken von einer hochklassigen Tontechnik sprechen, auch wenn sie höchsten HiFi-Ansprüchen vielleicht nicht in allen Details gerecht wird. Fazit: Seit langer Zeit hat es kein so spannendes Saxophon-Album im klassischen Bereich mehr gegeben. Alle vertretenen Stücke sind sehr hörenswert und werden von der renommierten Niederländischen Kammerphilharmonie unter der Leitung von Micha Hamel konsequent erstklassig dargeboten. Der absolut fabelhafte Solist John-Edward Kelly ist dann gewissermaßen das „i-Tüpfelchen“ auf einer rundum gelungenen CD-Produktion. Glückwunsch an das Münchener NEOS-Label zu dieser wunderbaren Einspielung! Für mich ist sie zumindest in Sachen Glasunow die neue Referenz am Markt. ((Das Hörexemplar der CD für diese Besprechung wurde uns freundlicherweise vom Label zur Verfügung gestellt.)) |
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