R. Schumann - Klaviertrios (Gesamteinsp.)
Trio di Parma
(2012)
concerto / Klassik Center Kassel
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Beeindruckende Live-Aufnahmen mit bemerkenswert gutem Sound
von Rainer Aschemeier • 26. April 2012
Katalog-Nr.: CD 2065-2 / EAN: 8012665206521
Es ist doch immer wieder interessant am Puls der Zeit zu sein, zumindest was den Markt der neuen CD-Veröffentlichungen klassischer Musik betrifft. Schließlich bekommt man auf diese Weise allerlei Strömungen und Entwicklungen mit, die denjenigen verborgen bleiben, die nicht ständig mit den Novitäten der Klassik-CD-Szene auf Du und Du sind.
Eine Entwicklung die aber selbst Gelegenheitskäufern kaum entgangen sein dürfte, ist, dass es seit dem „Schumann-Jahr“ 2010 eine enorme Fülle an Neueinspielungen von Werken des großen deutschen Romantikers Robert Schumann gegeben hat, über die wir bei www.the-listener.de ja zum Teil auch viel und stets ausführlich berichtet haben.
Ausgerechnet die ziemlich sperrigen Klaviertrios Opp. 63, 80 und 110 von Robert Schumann, die man allesamt ob ihrer Komplexität und ihrem Hang zur ungezügelten Virtuosität nicht gerade als „crowdpleaser“ bezeichnen kann, haben in den letzten beiden Jahren eine ungeahnte Renaissance auf Tonträger erfahren. Praktisch alle neuen Aufnahmen dieser Stücke waren gut bis sehr gut.
Zwei davon – darunter unsere derzeitige www.the-listener.de-Referenzeinspielung – hatten wir im letzten Jahr in kurzer Aufeinanderfolge besprochen (die Reviews finden sich hier und hier). Große Stars waren dabei am Werk: Christian Tetzlaff, Leif Ove Andsnes, Ilya Gringolts und weitere, die man von namhaften Veröffentlichungen der Majorlabels her kennt.
Trio di Parma; Bildquelle: http://www.triodiparma.com
Nun folgt auf dem kleinen italienischen Qualitätslabel „concerto“ eine Neueinspielung der gesamten Schumann’schen Klaviertrios vom Ensemble „Trio di Parma“, das sich vor allem in Deutschland bei Liveauftritten und Rundfunkproduktionen einen guten Namen erspielt hat – aber freilich nicht in einer „Popularitäts-Liga“ mit den zuvor genannten Stars verortet werden kann.
Es ist nun natürlich spannend, eine Außenseiter-Produktion, wie die hier vorliegende, auf die großen, etablierten Namen der Majorlabels loszulassen.
Ein gewichtiger Unterschied zwischen der Neueinspielung des Trios aus Parma und den eingangs genannten Produktionen von EMI records und Onyx classics sollte gleich von Beginn an nicht verschwiegen werden: Bei der hier vorgestellten Novität handelt es sich um keine Studioproduktion, sondern um Liveaufnahmen vor Publikum, die am 24. und 25. November 2010 in Reggio Emilia mitgeschnitten wurden.
Gerade dieser Fakt vermag zu erstaunen, denn angesichts der hervorragenden Präzision der Ausführung und des Zusammenspiels des Trio di Parma kann man kaum glauben, dass all dies einst live erklungen haben soll. Nicht nur gibt es praktisch keinen einzigen Verspieler (so etwas wird heutzutage aber gern auch nachträglich noch im Studio „ausgebügelt“), sondern die gesamte Aufführung wirkt derart innig und geschlossen, dass man hier von Beginn an von höchstem Respekt angesichts der vorgebrachten Leistung sprechen muss.
Diese Aufnahme steht in der Tat in einer ganzen Reihe von Gesichtspunkten unserer derzeitigen Referenzedition (Andsnes, Tetzlaff und Tetzlaff auf EMI, 2011) in nichts nach.
Im direkten Vergleich zu der Aufnahme von Gringolts und Kollegen, die letztes Jahr von der Fachpresse mit viel Lob bedacht wurde und auf Onyx classics erschien, schneidet die hier vorgelegte Neueinspileung durch das Trio di Parma sogar deutlich besser ab – und das nicht nur wegen der spielerischen Klasse.
Denn die hier vorgestellte Aufnahme des „concerto“-Labels besticht auch durch einen äußerst gelungenen Aufnahmeklang. Zwar sind die Streichinstrumente etwas sehr „bogennah“ eingefangen worden, was sicherlich der Live-Umgebung geschuldet ist, doch gibt es hier ansonsten auch für anspruchsvolle HiFi-Gourmets kaum etwas auszusetzen.
Die eher trockene Klanggestaltung ist sehr angenehm, auch angesichts der Tatsache, dass diese Aufnahme in einem großen Theatersaal mitgeschnitten wurde. Das Publikum ist kaum zu hören und war entweder sehr diszipliniert (keine Huster, keine Nieser) oder wurde von den Toningenieuren dieser Aufnahme geradezu mustergültig „ausgeblendet“.
Dies ist auch insofern bemerkenswert, als dass die Akustik in keine Richtung limitiert wirkt. Die Höhen sind voll da, die Bässe sind nicht überpräsent sondern in sehr natürlichem Umfang eingefangen worden. Eine ganz leichte Überbetonung der Mitten kann womöglich nicht ganz verleugnet werden, doch das stört nicht wirklich.
Trio di Parma; http://www.triodiparma.com
Im Vergleich zu der zu halligen und verwaschenen Gringolts-Aufnahme auf Onyx und der an sich sehr gut klingenden EMI-Produktion, bei der jedoch das Klavier zu laut ist, kann man dieser neuen „concerto“-Produktion ohne mit der Wimper zu zucken zumindest in klanglicher Hinsicht die „Goldmedaille“ zuerkennen.
In Sachen Interpretation ist dem Trio di Parma wie gesagt ebenfalls ein großer Wurf gelungen, jedoch ist die EMI-Produktion von Andsnes und den Tetzlaff-Geschwistern in meinen Ohren einfach so grandios gut, dass sie wohl auch weiterhin die Referenz markiert.
Immerhin ist das Trio di Parma aber in Sachen Präzision und Zusammenspiel nicht weit weg davon (und das bei einer Live-Aufnahme!).
Letztendlich können sie aber in Sachen Verve und Expressivität aber nicht ganz mit dem Wirbelwind konkurrieren, den Andsnes und Kollegen auf der schlicht perfekten letztjährigen EMI-Veröffentlichung entfesselt haben. Doch auch hier ist der Vorsprung der großen Stars denkbar knapp und fußt zudem auf einer eher subjektiven, energischen Lesart der Schumann-Stücke.
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass manch anderer diese Einspielung des Trio di Parma sogar der letztjährigen EMI-Veröffentlichung vorzieht – ganz einfach deshalb, weil sie in Sachen Interpretation etwas gemäßigter daherkommt.
Fazit: Eine sehr sehr gute Neueinspielung der Schumann-Klaviertrios, die mit den besten am Markt mühelos mithalten kann, klanglich sehr adrett daherkommt und zudem noch weitere Stücke für Klaviertrio beinhaltet, die auf den zuvor genannten Produktionen nicht enthalten sind.
Eine warme Empfehlung – ohne wenn und aber!
((Das Hörexemplar der CD für diese Besprechung wurde uns freundlicherweise vom Vertrieb des Labels, der Firma „Klassik Center Kassel“ zur Verfügung gestellt.))