Sinfonie Nr. 1 / Violinkonzert Nr. 2 (2012)
• • • • • Bohuslav Martinů — Sinfonie Nr. 1 / Violinkonzert Nr. 2Hoch interessante Neueinspielung von Martinůs unterschätzer erster Sinfonievon Rainer Aschemeier • 31. März 2012
Einspielungen der bedeutenden Sinfonien des nicht minder bedeutenden tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů gibt es inzwischen eine ganze Reihe. Während man früher nur schwer an CD-Einspielungen von Werken des Tschechen mit der unbequemen Musiksprache kam, sind seit den 1990er-Jahren immer mehr engagierte Künstler hervorgetreten, die sich dezidiert dem Schaffen Martinůs gewidmet haben. Darunter waren und sind echte „Überzeugungstäter“, wie etwa Christopher Hogwood, John Eliot Gardiner oder Neeme Järvi, die zeitweise bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonten, für wie hochwertig sie das weithin unterschätzte Œuvre Martinůs halten. Und so gilt auch Neeme Järvis Gesamteinspielung der Martinů-Sinfonien, realisiert mit den Bamberger Sinfonikern auf dem schwedischen Audiophilen-Label BIS, als eine der besten am Markt. Weitere zum Teil sehr empfehlenswerte Gesamtausgaben finden sich bei chandos (Bryden Thomson, Royal Scottish Orchestra), bei supraphon und onyx (beide unter Jiri Belohlavek, einmal mit der Tschechischen Philharmonie (supraphon) und einmal mit dem BBC Symphony Orchestra (onyx)) und noch zwei weitere Male bei supraphon (einmal unter Vaclav Neumann, Tschechische Philharmonie und einmal unter Vladimir Valek, Prager Sinfonieorchester). 2007 trat eine Aufnahme eines Dirigenten hinzu, von dem man nicht unbedingt erwartet hätte, dass er sich einmal Martinůs Sinfonien annehmen würde. Es war die Einspielung der vierten Sinfonie des Tschechen unter der Stabführung des Wieners Walter Weller mit dem Orchestre National de Belgique. Diese Aufnahme reihte sich ziemlich nahtlos in den Reigen der anderen – wie gesagt, zumeist sehr guten – Einspielungen von Martinů-Sinfonien ein. Wie dem auch sei: Wenn bei allen eventuell noch folgenden Veröffentlichungen dieser Art die Qualität so wunderbar ausfällt, wie bei der hier vorzustellenden, könnte man ein solches Unterfangen nur begrüßen. Walter Weller und sein belgisches Nationalorchester agieren mit beeindruckender Präzision und widmen sich mit großer Leidenschaft dem Werk Martinůs. Die sperrige, in Teilen zudem tief traurige erste Sinfonie ist zwar normalerweise kein Werk, bei dem sich Frühlingsgefühle einstellen, aber wenn sie so makellos musiziert wird wie hier, ist es wahrlich ein Grund zur Freude. So sehr man auch sucht, es gibt an dieser Einspielung einfach weder Fehl noch Tadel. Sie ist ungemein leidenschaftlich musiziert und dabei geradezu sektionsmäßig genau – eine Kombination, die man nicht häufig in solcher Brillanz finden kann. In beiden Punkten also – Interpretationsgüte und klangliche Qualität – sind Walter Wellers bisherige Martinů-Einspielungen auf Fuga Libera in jeder Hinsicht Neeme Järvis Zyklus auf BIS ebenbürtig. Und das kann man als Kompliment verstehen! Es bahnt sich hier eine höchst interessante neue Martinů-Edition an, die man nicht verpassen sollte! Besonders interessant wird die Sache auch dadurch, dass Weller und das Orchestre National de Belgique eine Sinfonie jeweils „für sich“ stehen lassen, sie nicht mit anderen Sinfonien koppeln, sondern mit anderen Orchesterwerken. In diesem Fall resultiert daraus eine Neueinspielung des relativ selten auf Tonträger zu hörenden zweiten Violinkonzerts. Von ihm gibt es derzeit nur drei erhältliche Einspielungen am Markt, von denen eine dazu noch sehr alt ist (Neumann/Suk, Tschechische Philharmonie auf supraphon). Ansonsten: Höchstwertung! Mehr bleibt mir nicht zu sagen. |
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