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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

P. Maxwell Davies - Sinfonie Nr. 1 / Mavis in Las Vegas
BBC Philharmonic - P. Maxwell Davies

(2012)
Naxos

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Peter Maxwell Davies — Sinfonie Nr. 1 / Mavis in Las Vegas

Konservative Hipness aus dem Collins-Keller

von Rainer Aschemeier  •  29. März 2012
Katalog-Nr.: 8.572348 / EAN: 747313234875

Sammler, die oft auf Seltenheit und Werterhaltung ihrer Tonträgersammlung aus sind, werden es wahrscheinlich schlimm finden, doch für alle „Ottonormalhörer“, die einfach nur am gepflegten Musikgenuss interessiert sind, ist die Zeit, in der wir leben, ein Fest!
Denn nun erscheinen auch solche, seit langer Zeit vergriffen geglaubte „Schätzchen“ wieder auf CD, die man für immer verloren geglaubt hatte. War man also gerade noch dabei, gedanklich zu kalkulieren, wie schmerzvoll es sein würde, vielleicht zwischen 30 und 50 Euro für eine seltene CD der in Würde verstorbenen Klassik-Indies Collins Classics und Music Masters zücken zu müssen, kann man nun sehr viel budgetorientierter an die begehrte Musik kommen.

Mit dem Label Retrospective Records gründete sich unlängst eine Firma, die sich ganz der Reinkarnation von zum Teil sehr schönen Aufnahmen aus den Archiven von Collins Classics verschrieben hat (s. hier), und auch Nimbus records aus Großbritannien unternimmt Großtaten am Fließband und hievt zum Teil ganz großartige audiophile Klassiker aus dem Bestand des amerikanischen HiFi-Labels „Music Masters“ wieder auf den Klassikmarkt.

Bei diesem Jubel wird eine Sache aber oft übersehen: Als fleißigster Wiedergebärer erweist sich derzeit Naxos. Wie üblich hängt dies der selbsternannte Weltmarktführer für klassische Musik aber nicht an die große Glocke, sondern wurschtelt im Stillen vor sich hin. Die großartige „Robert Craft Edition“ (Wann kommt eigentlich die nächste Strawinsky-CD, liebes Naxos-Team? Wird von mir sehnlichst erwartet!) erschien seinerzeit zuerst auf Music Masters und Koch/Schwann, die Hanson-Sinfonien mit dem Seattle Symphony Orchestra unter Gerard Schwarz habe ich hier von Delos im Regal stehen – gibt’s nun auch mit Naxos-Aufdruck. Ebenso verhält es sich mit der grandiosen Schønwandt-Aufnahme der Nielsen-Sinfonien, die einst bei DaCapo erschien – nun auch bei Naxos. Und es gäbe noch einige Beispiele mehr zu nennen…

Nun aber bahnt sich ein großer Wurf an: Naxos veröffentlicht dieser Tage die erste CD in einer (hoffentlich!) Reihe von Aufnahmen des britischen Komponisten Peter Maxwell Davies, die einst beim britischen Collins Classics Label erschienen waren. Peter Maxwell Davies (seit dem Tode Sir Michael Tippetts anno 1998 sicherlich der prominenteste verbliebene britische Komponist neben John Tavener und Michael Nyman) verbindet viel mit dem Naxos-Label. Vom Ende der 1990er an bis Mitte des neuen Jahrtausends hatte Maxwell Davies die „Naxos-Quartette“ komponiert – jenen Zyklus von zehn Streichquartetten, mit dem das Naxos-Label insofern Neuland beschritten hatte, als das der erste Kompositionsauftrag eines Schallplattenlabels in der gesamten bisherigen Musikgeschichte war.
So etwas verbindet wohl…

Es ist daher nur konsequent, dass bei Naxos nun auch die zum Teil grandiosen Aufnahmen wieder neu herauskommen, die Maxwell Davies einst mit dem BBC Philharmonic Orchestra bei Collins Classics umsetzte. Der Komponist fungierte hierbei auch als Dirigent.
Naxos eröffnet den Reigen mit der ersten Sinfonie, einem typischen Maxwell Davies-Werk: Eigenwillig bis zum geht-nicht-mehr, eine ungewöhnliche Mischung aus sperrig bis hin zu fast schon kitschig süßlich, urbritisch und doch irgendwie „global“. Einige Leute mögen Maxwell Davies‘ Stil anbiedernd finden und nicht ganz in unsere Zeit gehörig – und ganz ehrlich: Diese Leute kann ich auch verstehen.
Nichtsdestotrotz ist der sinfonische Erstling des Briten ein gutes Stück, womöglich manchmal etwas „over the top“ in Sachen Dramatik und auch etwas „gewollt“ – ja, hier ringt tatsächlich im Kern noch immer jemand mit dem Erbe Beethovens. Wie in der guten alten Zeit.
Peter Maxwell Davies‘ Konservatismus, der aber gerade noch hip genug ist, damit seine CDs auch neben der Philip Glass-Sammlung toleriert werden, hat ihm viele hartnäckige Fans eingebracht und nicht zuletzt auch einen Adelstitel von der Queen. Den Mann zeigt man gerne her, der macht nicht ganz so abgefahrene Sachen. Und der versteht es auch, seine Musik und sein Image gut zu verkaufen.

Das zeigt auch die witzige Jazzparodie „Mavis in Las Vegas“, die auf dieser Naxos-Neuerscheinung enthalten ist. Sie thematisiert einen Aufenthalt des Komponisten in der Stadt der tausend Lichter und des großen Glamours. Das Stück steht in einer langen Tradition des Komponisten, auch „leicht verdauliche“ Stücke in schöner Regelmäßigkeit zu schreiben.

Fazit: Eine schöne, sehr lohnende Wiederveröffentlichung für alle, die das Credo pflegen: „Neue Musik ist ja ganz schön, aber verständlich soll sie sein.“ Bittesehr: Diese CD hat, was ihr wollt, und das in sehr guter Qualität. Der Sound gehört mit zum Besten, was die Neunzigerjahre zu bieten hatten, und das BBC Philharmonic spielt unter der Leitung des Komponisten routiniert prima. Die typisch britische Krankheit des gelegentlich schwächelnden Orchester-Blechs grassierte seinerzeit aber noch… Ansonsten: Super! Ich hoffe sehr, dass Naxos diese interessante Wiederveröffentlichungspolitik weiterbetreibt und somit gute, zu Unrecht vergessene Aufnahmen wieder aus dem Archiven holt.

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