C. Ives - Violinsonaten (Gesamt-Einspielung) (2012)
• • • • Charles Ives — Violinsonaten (Gesamteinspielung)Ives auf Trockeneisvon Rainer Aschemeier • 28. Januar 2012
Eher selten bekommt man auf unseren Seiten im Internet mal eine CD der Deutschen Grammophon Gesellschaft zu sehen, was wohl einfach daran liegt, dass diese Firma nicht eben den Mut zur Programmvielfalt gepachtet zu haben scheint, auf den wir bei ww.the-listener.de eben viel Wert legen. US-Superstar-Geigerin Hilary Hahn, die Anfang des 21. Jahrhunderts mit ihrer Mischung aus jugendlich-mädchenhaftem Auftreten und einem geradezu sensationellen Geigenton, der immer mal wieder aufsehenerregend an den unerreichten David Oistrakh erinnerte, von sich reden machte, gibt sich hier ein Stelldichein mit ihrer bislang eher unbekannten ukrainischstämmigen Duettpartnerin Valentina Lisitsa. Während eine Veröffentlichung auf dem siet jeher viel beachteten Major-Label Deutsche Grammophon für Hilary Hahn gewohntes Terrain ist, ist Valentina Lisitsa bisher nur durch ein paar versprengte Independent-Aufnahmen beim Mini-Label „Audiofon records“ hervorgetreten. Ganze vier Möglichkeiten gibt es derzeit, um sich Ives‘ Violinsonaten auf CD zuzulegen. Auf dem Papier sieht die Kombination Hahn/Lisitsa (als die bei Weitem prominenteste) natürlich ziemlich gut aus. Doch was „kann“ diese Einspielung wirklich – vor allem auch im Vergeich zu den verfügbaren Alternativen? Damit steht man als Hörer wieder einmal vor der Qual der Wahl: Bevorzugt man es eher „akkurat und distanziert“ (= Hahn/Lisitsa) oder eher „intuitiv und volksnah“ (= Fulkerson/Shannon)? Hilary Hahn und Valentina Lisitsa spielen jedenfalls ziemlich makellos, während vor allem die Violinpartie in der Fulkerson/Shannon-Aufnahme manchmal doch leicht schwächelt. Doch auch bei Hahn und Lisitsa ist nicht alles Gold, was glänzt. Denn die ungewöhnlich distanzierte Kühlheit, die sie der Musik von Ives angedeihen lassen (vor allem von Seiten Lisitsas), ist aus meiner Sicht eigentlich unangebracht. Ives kam ohne jeden Zweifel aus der Spätromantik, und zumindest seine Violinsonaten zeugen davon auch noch ganz fraglos. Warum Hahn und Lisitsa also nun versuchen, Ives eine Art hypermodernen Anstrich „anzuabstrahieren“, verschließt sich mir. Aber man kann ansonsten an dieser neuen Einspielung wirklich nur sehr wenig bemängeln. Das ist eine sehr schön eingespielte, eben etwas unterkühlte Deutung der Ives’schen Violinsonaten. Allerdings aber auch nicht mehr… Das größte Manko dieser Neuaufnahme liegt (wieder einmal) in der Tontechnik. Wie regelmäßige Leser von www.the-listener.de wissen, weiß ich Kammermusikaufnahmen, die nach „kleinem Raum“ klingen, also recht trocken abgemischt sind, in der Regel sehr zu schätzen. Doch hier haben es die Tonmeister wohl etwas zu gut gemeint: Knochentrocken ist noch untertrieben für das, was der geneigte Hörer hier zu hören bekommt. Es fällt bei diesem extrem trockenen Sound selbst routinierten Musikmoderne-Kennern schwer, den musikalischen Zusammenhang zu erfassen, und nebenbei gesagt klingt es einfach auch nicht gut. Fazit: Eine zwiespältige Sache… Ganz sicher nicht schlecht, aber auch fernab jeglicher Sensationen. Einfach eine solide Aufnahme mit eher schwacher Tontechnik. Das Problem ist nur, dass wahrscheinlich die meisten von so einer hochkarätigen Besetzung und einer CD, die sich das Label mit der langen Tradition nicht zuletzt auch „hochkarätig“ bezahlen lässt, einfach etwas „mehr“ erwarten … |
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