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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

R. Schumann - Die Violinsonaten
Ulf Wallin (Violine), Roland Pöntinen (Klavier)

(2012)
BIS / Klassik Center Kassel

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Robert Schumann - sämtliche Violinsonaten

Für HiFi-Gourmets!

von Rainer Aschemeier  •  17. Januar 2012
Katalog-Nr.: BIS-SACD-1784 / EAN: 7318599917849

Als hätte das Schumann-Jahr 2010 eine Initialzündung erzeugt, sprudeln fontänengleich auch anno 2012 noch immer herrliche Schumann-Novitäten auf den CD-Markt. Die neueste stammt von einem der Labels für HiFi-Gourmets schlechthin, nämlich von BIS Records aus dem schwedischen Åkersberga. Sie vereint sämtliche Violinsonaten Robert Schumanns, die alle in den Jahren 1851 bis 1853 entstanden sind.
Sie gehören zu den nicht ganz so populären Stücken des großen Romantikers, weswegen wir ihre neuerliche Wiederauferstehung auf Tonträger besonders herzlich begrüßen. Zudem stellt es erst die zweite Veröffentlichung dieser Stücke im hochauflösenden SACD-Format dar, das insbesondere bei Kammermusik oftmals ganz grandiose Ergebnisse zeitigt.

Auch diese SACD bildet da keine Ausnahme: Mit glasklarer Auflösung vermeint man die Musiker im Raum positionsgenau bestimmen zu können, so „greifbar“ ist diese Aufnahme. Normalerweise beginne ich CD-Rezensionen selten mit einer Einschätzung des Klangbilds, doch bei dieser Produktion ist der Klang so sensationell gut eingefangen worden, dass man hier von einem seltenen Fall sprechen darf, bei dem einfach alles stimmt: Wir haben hier eine faszinierende Räumlichkeit, bei der man den Raum, in dem die Interpreten musizieren, förmlich vor sich zu sehen vermeint, wir haben eine Auflösung, die selbst winzigste Dynamiknuancen, Atem- und Bogengeräusche wiedergibt, wir haben ein vollkommen natürlich klingendes Frequenzspektrum ohne jegliche Überbetonung des Mittenbereichs (wie man es leider so häufig bei Violinaufnahmen hört) und mit einem gewaltig in den Basskeller hinabreichenden, ehrlich aufgenommenen Klavier.

Beide Instrumente verströmen einiges an Charakter, was aber nicht nur der vorzüglichen Klangtechnik geschuldet ist, sondern natürlich vor allem den wunderbar aufspielenden Solisten.
Von den Schumann-CDs der letzten Zeit ist dies hier eine in jeder Hinsicht besonders gute. Ähnlich wie bei der letztjährigen, absolut fabelhaften EMI-Einspielung der Klaviertrios mit den Geschwistern Tetzlaff und Leif Ove Andsnes (s. hier), kommt es auf dieser BIS-Veröffentlichung zu einem kleinen Wunder: Nämlich dem, dass sich hier (ebenso, wie auf der gerade angesprochenen EMI-CD) zwei Künstler getroffen haben, die zusammen ein ohne Einschränkung ideales „Ensemble“ bilden, das (im positiven Sinne) spielt, wie ein Mann.
Dies lässt auf tiefe Beschäftigung mit der Musik und auch große künstlerische Harmonie schließen. Das macht die hier vorliegende CD zu etwas ganz Besonderem.

Über die Stücke braucht man ja eh nicht mehr viele Worte zu verlieren: Sie gehören einerseits zu den rauschhaft virtuosen, andererseits zu den bodenlos tiefgründigen Meisterwerken des großen deutschen Romantikers Schumann, der gerade in seiner Kammer- und Klaviermusik eine Klasse erreichte, die für meine Begriffe in seiner Zeit und auch noch lange danach weitestgehend unerreicht geblieben ist.
Die Violinsonaten verraten aber auch noch etwas anderes: Trotz ihrer späten Entstehungszeit in den letzten fünf Lebensjahren des Komponisten, zeugen sie von nachhaltiger Beschäftigung mit neuen musikalischen Strömungen, was doch sehr beachtlich ist, wenn man bedenkt, dass Schumann bereits ab 1854 stark unter Wahnvorstellungen zu leiden hatte, die ihn wenig später in die viel zitierte „geistige Umnachtung“ führen sollten.
Einigen der hier enthaltenen Stücke haftete der Umstand, dass sie zum lange umstrittenen Spätwerk Schumanns zählen, wie ein Makel an, sodass sie teilweise erst einhundert Jahre nach ihrer Entstehung (!) zur Uraufführung kamen. Aus heutiger Sicht kann man sich ob dieses Umstands nur wundern: Die hier nachhörbaren Violinsonaten gehören ganz zweifellos zu den epochalen Meisterwerken Schumanns sowie ihrer gesamten Gattung.

Der grandiose schwedische Geiger Ulf Wallin, seines Zeichens Professor an der Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin, und der ebenfalls sehr überzeugende schwedische Pianist Roland Pöntinen bieten die Stücke in glänzenden, hoch virtuosen und trotzdem sehr gefühlvollen Interpretationen dar, die keine Wünsche offen lassen: Das ist große, große Weltspitzenklasse! Gepaart mit dem makellosen BIS-Sound und den herrlichen Schumann-Sonaten ist diese SACD wirklich und ehrlich jeden Cent ihres Anschaffungspreises doppelt wert.

((Das Hörexemplar der CD für diese Besprechung wurde uns freundlicherweise vom Vertrieb des Labels, der Firma „Klassik Center Kassel“ zur Verfügung gestellt.))

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