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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Th. Dubois - Violinkonz. / E. Lalo - "Symph. Espagnole"
Slowak. Staats-Philharmonie - Z. Müller

(2011)
BNL / Harmonia Mundi (Musicora)

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Théodore Dubois - Violinkonzert / Edouard Lalo - "Symphonie Espagnole"

Konzert für Violine und enttäuschten Hörer

von Rainer Aschemeier  •  29. September 2011
Katalog-Nr.: BNL 112964 / EAN: 3491421129642

Der französische Komponist Théodore Dubois dürfte vor allem Liebhabern von Orgelmusik bekannt sein; gehört er doch zu den produktivsten Komponisten für dieses Instrument, die im 19./20. Jahrhundert gelebt haben und war ab 1855 zudem erster Organist des berühmten Pariser Invalidendoms. Ähnlich wie im Falle Charles Marie Widor, deren Zeitgenosse Dubois war, wird das Werk dieses interessanten Komponisten ungerechtfertigterweise zumeist auf die zugegebenermaßen schönen und eindrucksvollen Orgelwerke reduziert.
Théodore Dubois schrieb jedoch auch viel Kammermusik für Streicher und Klavier, beträchtliche Mengen an Orchesterwerken und sogar fünf Opern.

Das französische Klein-Label BNL (in Deutschland im Vertrieb von Harmonia Mundi) hat nun eine erfreuliche Pioniertat vollbracht und serviert uns die Weltersteinspielung des Dubois’schen Violinkonzerts, das bislang wohl nur Spezialisten ein Begriff gewesen sein dürfte. BNL engagierte für die Umsetzung den renommierten französischen Geiger Frédéric Pélassy, der als „Wunderkind“ Furore machte und im Alter von zarten zwölf Jahren für einen Zeitraum von vier Jahren in die Obhut von Yehudi Menuhin gegeben wurde, der als Lehrmeister par excellence unüberhörbar den Stil Pélassys bis heute geprägt hat.
Mindestens ebenso renommiert (eher etwas mehr) ist das auf der Aufnahme zu hörende Orchester: Die Slowakische Staatsphilharmonie, die auf über 150 CD-Aufnahmen zurückblicken kann, darunter solche Großtaten, wie etwa die sehr schöne Gesamtaufnahme der Sinfonien Loius Spohrs für „Marco Polo“ aus den 1990-er-Jahren. Die Slowakische Staatsphilharmonie aus Košice musiziert bei dieser Aufnahme unter der Leitung ihres derzeitigen Chefdirigenten Zbynek Müller, der zu Anfang des Jahrtausends für einige Jahre Assistent von Vladimir Ashekanzy bei der Tschechischen Philharmonie in Prag gewesen war.

Die CD beginnt mit dem Dubois-Violinkonzert, das in knappen 30 Minuten einen zwar „Liszt-nah“-rhapsodischen Charakter offenbart, ansonsten aber ein äußerst konservatives Werk ist, dass sich trotz seines relativ späten Entstehungszeitraums (1897) mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und gewissermaßen demonstrativ an die althergebrachten Mittel von Hochromantikern wie etwa Brahms klammert, ohne jedoch dessen Klasse und Visionskraft zu erreichen. Das ist insofern etwas enttäuschend, als dass Dubois‘ Orgelwerke durchaus visionäre Kraft besitzen und vor allem einen ungeheuren Farbenreichtum aufweisen. Gerade dieser Farbenreichtum geht der Dubois’schen Orchesterpalette leider ziemlich ab, sodass das Violinkonzert zwar unterhaltsam vorüberfliegt, wie im Nu, aber letztendlich doch ein schaler Nachgeschmack bleibt. Im Vergleich zu der zum Teil fabelhaften Kammermusik des Franzosen, die bei „Atma Classique“ in einer mehrteiligen Edition aufgelegt wurde, ist das Violinkonzert leider ein eher gesichtsloses Werk.

Andere französische Komponisten, waren schon über 20 Jahre früher deutlich „moderner“ als Dubois, wie uns die ebenfalls auf dieser neuen BNL-CD enthaltene Aufnahme der bekannten „Symphonie Espagnole“ (eigentlich keine Sinfonie, sondern nur ein sehr langes Violinkonzert mit fünf Sätzen) von Edouard Lalo vor Augen führt. Dieses auch musikgeschichtlich bedeutende Werk erfährt auf der vorliegenden Einspielung jedoch keine sehr glückliche Deutung. Ganz im Gegensatz zum wirklich gut musizierten Dubois-Konzert, offenbart die „Symphonie Espagnole“ einige Schwächen beim Orchester und auch beim Solisten. Beiden scheint das Werk nicht sonderlich zu „liegen“, sodass man im Endeffekt die „Spritzigkeit“ und Emotion vermisst, die das Werk in anderen Mitschnitten (ich nenne da exemplarisch jetzt zum Beispiel mal die nach wie vor ganz fantastische Aufnahme des Orchestre Symphonique de Montréal unter Charles Dutoit mit dem Solisten Joshua Bell aus den späten 1980-er-Jahren) so beliebt machte.

Auch der Aufnahmesound ist nicht optimal: Viel, viel zu laut ist der Solist, dessen Spiel dazu noch nervtötend mittenpräsent (dafür fast ohne Höhen) aufgezeichnet wurde. Zudem ist die Violine von der Tontechnik fast schon übertrieben nach links gemischt worden, was ein unausgewogenes Klangbild zur Folge hat und per Kopfhörer gehört eigentlich kaum noch genussfähig genannt werden kann. Da hilft es auch nicht, dass das Orchester eigentlich sehr klangschön eingefangen wurde, denn beide Stücke stellen die virtuosen Soloparts der Violine ja praktisch unaufhörlich in den Mittelpunkt, sodass es kaum Stellen bei dieser Musik gibt, wo die Solovioline einmal nicht spielt.

Wenn ich mir abschließend noch eine Bemerkung gestatten darf: Tragisch bis gruselig fällt bei dieser CD das Layout des CD-Booklets aus. Und da ist das von Typographie zugekleisterte CD-Cover, bei dem vor lauter Schrift kaum noch Bild zu erkennen ist, noch das geringste Übel. Zwar durchgehend vierfarbig gedruckt, doch mit furchtbar pixeligen Abbildungen und schlechtem Textsatz einhergehend, ist das Booklet layouttechnisch gesehen auf dem Stand der Achtzigerjahre, und wäre selbst zu dieser Zeit noch negativ aus der Reihe gefallen. Es sollte inzwischen doch jedem Indielabel klar geworden sein, dass das optische Erscheinungsbild der CDs und der Booklets eben auch mit zum Unternehmenserfolg beiträgt. Denn zum Einen will niemand hässliche CDs an befreundete Hörer verschenken (denn beim Geburtstagsgeschenk o. ä. spielt das schließlich auch eine Rolle) und zum anderen bin ich auch enttäuscht, wenn ich 20 Euro für eine CD bezahlen soll, und ich bekomme für diese recht hohe Summe eine CD, die nicht in allen Belangen professionell produziert worden ist.

Fazit: Perse nicht schlecht, aber im Endeffekt doch in allen Aspekten deutlich verbesserungsfähig. Die Grundidee aber, nämlich die „Wiederentdeckung“ eines großen Orchesterwerks von Théodore Dubois, war sehr lobenswert. Vielleicht kann man da weiter ansetzen und ansonsten mehr Sorgfalt walten lassen.

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