M. Castelnuovo-Tedesco / O. Respighi - Violinkonzerte (2009/2011)
• • • • Mario Castelnuovo-Tedesco & Ottorino Respighi — ViolinkonzerteEndlich auch in Deutschland: Wunderschöne CD des kanadischen Labels "Marquis"von Rainer Aschemeier • 20. September 2011
Eine 2009 beim kanadischen Label „Marquis“ erschienene, sehr sehr lohnende und schöne CD ist nun endlich auch in Deutschland erhältlich. Trotz mehrerer schriftlicher und telefonischer Anfragen von www.the-listener.de bei der für Deutschland zuständigen Vertriebsfirma im Zeitraum Juli/August hat sich dort jedoch nie jemand gemeldet. Das könnte erklären, warum es trotz der grundsätzlich erfreulichen Meldung, dass es für die spannenden CDs aus dem Hause Marquis nun endlich einen deutschen Vertrieb zu geben scheint, die CDs des Labels immer noch nur mit großer Mühe bei den gängigen Onlinehändlern zu finden sind. Das renommierte St. Petersburger Sinfonieorchester, das zum Beispiel bei CD-Aufnahmen auch häufig mit Weltstars wie Vladimir Ashkenazy oder Mariss Janssons kooperiert, musiziert hier unter der Leitung seines langjährigen Gastdirigenten Vladimir Lande. Lande ist das, was man in der von grauhaarigen Heeren geprägten Dirigentenszene einen „Jungspund“ nennen könnte. Doch trotz seines noch recht jungen Alters hat der Russe schon einige Erfahrungen im Tonstudio sammeln können. So erschienen beispielsweise bei den Labels Naxos und Brilliant Classics schon Einspielungen, die unter seiner Leitung entstanden sind. Großer Saal der St. Petersburger Philharmonie. Foto: Ingvar Fed Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Saint_Petersburg_Philharmonia_%28the_Grand_Hall%29_-_4.JPG Die hier vorliegende CD ist vor allem wegen ihres äußerst reizvollen und dazu noch selten zu hörenden Programms hochgradig interessant. Am bekanntesten dürfte noch das hier enthaltene Respighi-Violinkonzert mit dem programmatischen Titel „Concerto gregoriano“ sein, das sicherlich zu den schönsten Violinkonzerten des beginnenden 20. Jahrhunderts zählt. Im Gegensatz zu Respighis hinlänglich bekannten und beliebten sinfonischen Dichtungen (z. B. „Pini di Roma“, „Fontane di Roma“, „Gli Ucelli“, etc.), bei denen sich ein wahrer Klangfarbenrausch über den Hörer ergießt, ist das Violinkonzert des Italieners eher zurückgenommen instrumentiert, und die gesamte Aufmerksamkeit bei der Komposition wurde der Sologeige zugedacht, die — und das ist wiederum sehr Respighi-typisch — in verschwenderischem Melodienreichtum schwelgen darf. Wer damit leben kann, dass im Jahr 1921 noch so klangschöne und im engeren Sinne absolut unmoderne Musik geschrieben wurde, der erhält hier einen rund 33-minütigen Emotionsrausch frei Haus geliefert. Vladimir Lande und das St. Petersburger Sinfonieorchester verstehen es, die Begleitung entsprechend zu gestalten und agieren als ständig, doch stets dezent präsenter „Klangteppich“ für die brillierende Solovioline, die der puertoricanische Solist Jose Manuel Cueto äußerst klangschön und technisch makellos in Szene zu setzen weiß. Endlich auch in Deutschland — Die CDs des kanadischen Labels Marquis classics. Quelle: www.marquisclassics.com Auch das Castelnuovo-Tedesco-Violinkonzert mit dem programmatischen Untertitel „I Profeti“ (zu deutsch: „Die Propheten“) ist eine spannende Sache. Hier werden die drei Sätze mit den Schriften zu den alttestamentarischen Propheten Jesaja, Jeremia und Elias in Bezug gesetzt. Das Endergebnis ist ein etwas moderneres Stück, das zwar ebenfalls im (erweiterten) tonalen Rahmen spätromantischer Prägung bleibt, jedoch durchaus auch Anklänge an den musikalischen Expressionismus mit sich führt, in seiner archaischen Klangentfaltung gelegentlich an die Sinfonie „Mathis der Maler“ von Paul Hindemith erinnert und in der Behandlung des Soloparts an das Violinkonzert William Waltons gemahnt. Das ist ebenfalls ein richtig tolles, spannendes Stück, das bis jetzt nur auf uralten Mono-Aufnahmen des Stargeigers Jascha Heifetz zu haben war. Endlich erklingt dieses Werk auch in gehobenem Stereoklang und dies dazu noch in einer erfreulich guten Interpretation. Allerdings stößt Solist Cueto bei diesem Stück dann hin und wieder doch an seine Grenzen, und auch Dirigent Lande hat bei der Phrasierung nicht immer nur „Treffer“ gelandet. Dennoch ist die Einspielung gut genug, um als „sehr ordentlich“ durchzugehen und die ollen Heifetz-Kamellen vergessen zu machen. Abschließend wird noch ein kurzes Stück des hierzulande völlig unbekannten argentinischen Komponisten Carlos Guastavino zum Besten gegeben, das allerdings mit seinem spätromantischen Pathos noch dicker aufträgt als Respighi und damit wirklich zu viel des Guten darstellt. Wo Respighi stets die Grenze zwischen „am Rande des Kitschs“ und darüber hinaus kannte und es verstand, sehr effektiv an dieser Grenze entlang zu balancieren, fängt Guastavinos Stück bereits jenseits der „Kitsch-Zone“ an und ergibt sich dann weiter und weiter dem totalen Schönklang. Mir persönlich erscheint das doch etwas arg süßlich, und im Übrigen finde ich so etwas auch sehr langweilig. Die beiden Hauptwerke der CD wissen jedoch vollauf zu überzeugen. Und das liegt zu nicht unwesentlichen Teilen eben auch an der überwiegend sehr guten Interpretation der ausführenden Künstler und an dem Aufnahmeklang, dem man ebenfalls einige Klasse attestieren kann. Zwar ist diese Marquis-CD klanglich nicht unbedingt ein herausragendes Hifi-Highlight, aber durchaus guter Durchschnitt. In Anbetracht der Raritäten, die hier versammelt sind, ist das schon ein Kaufargument. Fazit: Kaufen, sofern man fündig wird (s. Bemerkung oben). |
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