F. Liszt - Klaviersonate h-Moll / F. Schubert - Wanderer-Fantasie (2011)
• • • • • Sergei Edelmann — Liszt - Klaviersonate h-Moll / Schubert - WandererfantasieDer Geheimtipp unter den Geheimtippsvon Rainer Aschemeier • 16. September 2011
Wenn unter Musikfans von Pianisten-“Geheimtipps“ die Rede ist, so ist Sergei Edelmann schon eher der Geheimtipp unter den Geheimtipps. Zwar gibt es von ihm bereits einige hervorragende Aufnahmen, wie etwa die Klavierkonzerte von Felix Mendelssohn Bartholdy, bei denen Edelmann von den Bamberger Sinfonikern unter Claus Peter Flor begleitet wurde, doch den ebenfalls mittlerweile recht zahlreichen Solo-CDs des Pianisten ist bislang noch nicht die Aufmerksamkeit zugekommen, die ihnen gebührt. Rechtzeitig zum Liszt-Jahr veröffentlicht das japanische Label „Triton“ nun eine für meine Begriffe geradezu spektakulär gute neue SACD, auf der Sergei Edelmann Liszts Klaviersonate in h-Moll aus den Jahren 1852/53 sowie eine Neueinspielung der Wandererfantasie von Franz Schubert interpretiert. Liszt-Denkmal in Weimar Foto: Rudolf Klein Bildquelle: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Liszt_weimar.jpg&filetimestamp=20080901150533 Auf einige Zeitgenossen muss Liszts Herangehen an die Sonatenform befremdlich gewirkt haben, denn die klassische Sonatenform war ja bis zu diesem Zeitpunkt vor allem darauf aus, Satzelemente miteinander in einen möglichst nahen, eventuell kontrastierenden, Bezug zueinander zu setzen, um darauf aufbauend eine Durchführung des thematischen Materials zu entwickeln. Liszt dreht den Spieß aber um, beginnt gewissermaßen mit der Durchführung und lässt die Themen in loser Folge und wie „zwischendurch“ immer mal wieder aufblitzen, erklärt manche zu musikalischen Leitgedanken, andere nicht, usw. Kein Wunder, dass sich der formbewusste „Brahmine“ und einflussreiche Musikkritiker Eduard Hanslick erboste, Liszts Sonate enthielte vor allem “...raffiniertes, freches Aneinanderfügen der disparatesten Elemente.“ Sergei Edelmann ist nicht nur ein Pianist, der es überzeugend schafft, die immensen spieltechnischen Hürden dieser Musik zu überwinden, sondern er ist auch jemand, der bei seinem Vortrag großes Verständnis für das beweist, was er da interpretiert. Zielsicher versteht es Edelmann jene Stellen, die zu dem verstreuten „Kerngebiet“ der Sonate gehören auch in seiner Interpretation in den Mittelpunkt zu rücken, ohne den Gesamtablauf des Stücks in den Hintergrund treten zu lassen. Das ist nicht nur technisch betrachtet eine Glanzleistung, sondern auch im engeren Sinne interpretatorisch. Hier hat sich jemand tiefgründig und lange mit der Komposition beschäftigt und daraus seine eigenen Schlüsse gezogen. Das ist die Königsklasse der Interpretation und beweist erneut, dass Edelmanns guter Ruf sehr berechtigt ist und dass er mit Fug und Recht zu den größten lebenden Pianisten unserer Zeit gezählt werden darf. Dies beweist der in den USA lebende russischstämmige Pianist auch mit dem zweiten Stück auf der vorliegenden SACD, der Wandererfantasie von Franz Schubert. Dieses Stück ist eine der wenigen wirklich bis zur Grenze gehend virtuos angelegten Klavierkompositionen Franz Schuberts, der laut Aussagen von Zeitgenossen selbst nicht in der Lage gewesen sein soll, die Fantasie am Stück zu spielen. Schubert-Denkmal im Wiener Stadtpark Bildquelle: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Schubert-m.JPG&filetimestamp=20110206024251 Dieser Gedanke erscheint mir bei Sergei Edelmanns Deutung, die zweifellos legitim und auf ihre Art und Weise enorm eindrucksvoll ist, zu wenig Berücksichtigung gefunden zu haben. Kommen wir abschließend zum Sound der Aufnahme, bei dem ich die Worte des Lobes nur weiterführen kann: Diese Aufnahme ist eine gnadenlos trocken klingende, ehrliche Klaviermusikaufnahme mit Ecken und Kanten, einem natürlich klingenden großen Konzertflügel und einer packenden Dynamik, die eindrucksvoll zeigt, über welch brutale Dynamikreserven aber auch über wie feine Abstufungen ein Konzertpiano verfügen kann, wenn nur der richtige Interpret davor sitzt. Der Klang der Aufnahme klingt äußerst natürlich und erfreulich nach „Kammermusik“. Soll heißen: Hier hat man den Vortrag in einem (zumindest klanglich so scheinenden) kleinen Raum aufgezeichnet und nicht in einer großen Konzerthalle. Ich halte das für Soloklaviermusik stets für die richtige Vorgehensweise, und die Tontechniker des Triton-Labels haben dafür einen weiteren eindrucksvollen Beweis erbracht. Fazit: Unbedingt reinhören! Es lohnt sich! ((Das Hörexemplar der CD für diese Besprechung wurde uns freundlicherweise vom Vertrieb des Labels, der Firma „Challenge classics“, zur Verfügung gestellt.)) |
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