Go to content Go to navigation Go to search

The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Village Of The Pharoahs / Wisdom Through Music
Pharoah Sanders

(2011/1972-74)
Impulse / Universal

• • •

Pharoah Sanders - Impulse 2-on-1

Durchgeknallte Sounds aus den Tagen des Black Power-Movements

von Rainer Aschemeier  •  27. Juli 2011

Im Zuge der jüngsten Begeisterung der Major-Labels, zwei Alben (oder mehr) in günstigen Boxsets und zuweilen auf einer CD unter’s Volk zu werfen, mischen in der letzten Zeit auch ein paar Indielabels mit. Insbesondere im Jazz-Bereich ist der erfreuliche Nebeneffekt, dass einige Scheiben wieder ans Tageslicht kommen, die seit ewigen Zeiten nicht mehr veröffentlicht worden waren. Der weniger erfreuliche Nebeneffekt ist, dass diese zum Teil großartigen Platten in oft völlig verhunzten Covergestaltungen wiederveröffentlicht werden, die zum Teil mit den Originalcovern nichts mehr zu tun haben.

So läuft das leider derzeit auch mit der „2 on 1“-Reihe des renommierten Jazz-Labels „Impulse“. Hinter dem völlig durch den Wolf gedrehten Coverartwork dieser Wiederveröffentlichung verbergen sich zwei der abgedrehtesten Alben der Jazz-Geschichte, die seinerzeit klar machten, wo sich die Ursprünge des Jazz nach damaliger Auffassung befanden: In Afrika nämlich und somit in der Musik der dort ansässigen Stämme und Naturreligionen. Nirgendwo wird das deutlicher als auf dem bereits vom Titel her völlig durchgeknallten Epos „Village of the Pharoahs“ des Tenorsaxophonisten Pharoah Sanders, bei dem einst noch Lonnie Liston Smith in die Lehre gegangen war. Die Scheibe ist total unerschließbares Free Jazz-Terrain und angereichert mit jeder Menge pseudo-afrikanischen Esoterikklängen. Erst auf der (damals) zweiten LP-Seite sind mit den Titeln „Myth“ und „Went Like it Came“ so etwas wie „Songs“ im eigentlichen Sinne auszumachen. Diese Platte ist trotzdem wichtig, weil sie einen Zeitgeist transportiert, der gut zu ihrem Veröffentlichungsdatum 1974 passt. Dahinter stand die „Black Power“-Bewegung ebenso, wie die allgemeine Experimentierfreudigkeit in Sachen Drogen und alternative Religionen. „Village of the Pharoahs“ wirkt heute zwar wie vom anderen Stern, war damals aber topaktuell und traf ein Zeitgefühl. Gut, dass auch solche Scheiben heute wieder verfügbar sind.

„Wisdom Through Music“ aus dem Jahr 1972 ist da schon zugänglicher und bietet schwungvolle „Ethno-Jazz“-Musik, die sich hören lassen kann und mit ihren exotischen Perkussioneinlagen auch heute noch eine ganz gute Figur macht. Der „Exotenbonus“ bei dieser Scheibe ist zwar deutlich weniger gegeben, als bei dem auf dieser „2 on 1“-CD ebenfalls enthaltenen Album „Village of the Pharoahs“, doch ziemlich bekifft ging es auch auf „Wisdom Through Music“ schon zu, wie man vielleicht auch anhand des Albumtitels schon gemutmaßt hat.

Fazit: Zwei Alben ausschließlich für Spezialisten und für all jene, die einen Soundtrack zum Abheben suchen. Beide Machwerke sind klanglich überarbeitet worden und können in dieser Hinsicht durchaus überzeugen. Alles andere ist Geschmackssache; doch was gar nicht geht, ist das „zerhackstückte“ Cover!

Stöbern

Verwandte / ähnliche Artikel:

Archiv

Alle Reviews können im Archiv nachgeschlagen werden. Dort ist auch eine gezielte Suche möglich.