Liam Finn - FomoLauer Grillabend mit Schlagsahne-Badvon Rainer Aschemeier • 30. Juni 2011
Bislang vor allem in Australien und Neuseeland zu den hippen Acts gezählt, führt Liam Finn hierzulande noch ein Schattendasein. Finns Geschichte ist ganz ähnlich, wie die von Musikern wie Jeff Buckley oder Arlo Guthrie, denn auch hier lautet die Konstellation: Begabter Sohn folgt auf legendären Vater. In Liam Finns Fall lautet der Vorname des Herrn Papa „Neil“ — und damit dürfte eigentlich alles gesagt sein. Denn Neil Finn ist bekanntlich das Mastermind hinter der einst legendären Gruppe „Crowded House“, einer Institution des gepflegten Achtzigerjahre-Britrock-Sounds. Auch Finn’s Sohn lässt auf Fomo, das bereits sein zweites Soloalbum ist, neben gelegentlich „Beatles“-artigen Songs auch deutlich vernehmbare Anklänge an die good old Eighties hören, jedoch viel spaciger als seinerzeit bei Vattern, und mit einem allgegenwärtig eingeflochtenen Synthesizer-Gewebe ausgestattet, das fast alle Songs von „Fomo“ unaufdringlich durchwirkt und hier und da ins Psychedelische abdriftet. Das ist insgesamt gesprochen sehr angenehm zu hörende alternative Pop-/Rock-Musik mit einem unterschwelligen „Ostinato“-Feeling — und weswegen das so ist, wissen diejenigen, die Liam Finn schon einmal live gesehen haben; denn der Songwriter, der auf seinen Soloalben fast alle Instrumente selbst eingespielt hat, pflegt dies auch bei seinen Livekonzerten zu tun. Das kann man sich dann so vorstellen: Liam Finn hat ein grooooßes Effektgerät vor sich stehen, mit dem er die um sich herum aufgebauten Instrumente „loopen“, also „Endlosschleifen“ von bestimmten Sounds oder ganzen vorab gespielten Songabschnitten erzeugen kann. Diese Loops werden in seinem Effektboard zwischengespeichert und können fortan von dem offenbar multitaskingbegabten Künstler per Fußtaster abgerufen werden. Der Sound der Scheibe ist das, was ich persönlich gern als „mellow“ bezeichne, also eine zurückgenommene, gedämpft und latent höhenarm wirkende Angelegenheit, die einen dafür aber mit vielen warmen, tiefen Mitten einlullt und auch ein weiches, zur Wummerigkeit neigendes Bassfundament aufweist, was vor allem bei den rockigen Songs auch schnell mal nerven kann. Liam Finns zweites Soloalbum ist – ähnlich, wie wir das hier schon öfter beobachten konnten – ein weiterer Beitrag zu einem neuen Boom von Singer-/Songwriter-Alben. Da sind in den letzten Jahren ja bekanntlich gleich eine ganze Reihe vielversprechender junger Künstler an den Start gegangen, und wer sich für diese Entwicklung interessiert, kann sich ja auf unserer Seite gern einmal die Reviews der letzten Alben von Frank Turner (http://www.incoda.de/listener/reviews/200/frank-turner-england-keep-my-bones) und Scott Matthews (http://www.incoda.de/listener/reviews/145/scott-matthews-elsewhere) durchlesen. Vielleicht kommt Ihr ja auf den Geschmack. Liam Finn wirkt textlich zwar weniger ambitioniert und tönt zudem poppiger und elektronischer als die beiden zuvor genannten, weswegen er auf den ersten Blick vielleicht auch nicht ganz ins Bild passt; was den Songaufbau und das „Look and Feel“ des Ganzen angeht, bin ich aber überzeugt davon, dass man „Fomo“ in einem Atemzug mit den Alben der neuen Songwritergeneration nennen kann. Was die abschließende Wertung angeht: „Fomo“ ist eine wirklich nette Scheibe und ein beachtenswerter individueller Beitrag in der üblichen Veröffentlichungsflut. Sie ist jedoch kein herausragendes Highlight. „Fomo“ ist eher die Sorte Album, die man sich kauft, eine Zeitlang wie benommen dauernd hört, und sie dann für einige Zeit leid wird. Ein Gelegenheitsalbum sozusagen, das für laue Grillabende zurzeit aber gerade richtig kommt… Ach so, noch eine Info für die Vinyl-Freaks unter Euch: „Fomo“ ist auch als LP erhältlich. Wenn ihr die dann über eine Röhrenendstufe an die Boxen schickt, ist das bei dem Sound, den Finn hier anschlägt bestimmt wie ein Bad in flüssiger Schlagsahne. |
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