R. Schumann - Klaviertrios (Gesamtaufn.) (2011)
• • • • • Robert Schumann - Klaviertrios (Gesamtaufnahme)Deutsch-norwegischer Wirbelwind...von Rainer Aschemeier • 25. Juni 2011
Das Schumann-Jahr 2010 ist längst Geschichte, doch immer noch trudeln neue Schumann-CDs ein, was zweierlei Schlüsse zulässt: Entweder das Schumann-Jahr hat nachhaltig Effekt gezeigt und die Nachfrage nach Einspielungen von Werken dieses wohl ewig unterschätzt bleibenden Komponisten hält an oder einige Labels haben sich gewissermaßen „übernommen“ bei ihrem Schumann-Pensum anno 2010 und sind mit der Veröffentlichungsflut wohl selbst nicht ganz mitgekommen. Die jüngste Schumann-Novität könnte ein Fall letztgenannter Gattung sein, denn die auf der hier besprochenen CD dargebotenen Einspielungen datieren bereits aus dem Jahr 2009, hätten also unter Umständen noch im Schumann-Jahr 2010 das Licht der Öffentlichkeit erblicken können. Wie dem auch sei: EMI hat sich dazu entschlossen, diese CD erst im Juni 2011 erscheinen zu lassen. Bei der Neuveröffentlichung handelt es sich um eine hochkarätig besetzte Neueinspielung von Schumanns Klaviertrios. Sie erscheint als Doppel-CD bei EMI Classics mit dem bei EMI unter Vertrag stehenden norwegischen Starpianisten Leif Ove Andsnes sowie dem deutschen Geschwisterpaar Christian Tetzlaff (Violine) und Tanja Tetzlaff (Cello); eine all-star-Besetzung also, denn sowohl Andsnes als auch die beiden Tetzlaffs sind bereits früher durch oft hervorragende Veröffentlichungen aufgefallen und haben sich dadurch mittlerweile nicht mehr nur die Anerkennung von Insidern gesichert, sondern auch die Anerkennung der breiten Masse. Sowohl Andsnes- als auch Tetzlaff-Konzerte sind meist lang im Vorhinein ausverkauft und es besteht eigentlich kein Zweifel, dass dies die Künstler sind, die wir in einigen Jahren oder allerspätestens einem Jahrzehnt endgültig als die legitimen Nachfolger der ganz Großen abgespeichert haben werden. Trotzdem muss man bei solchen All-Star-CDs immer etwas vorsichtig sein, denn nur allzu oft treffen sich weniger drei große Musiker zum Kammermusikstelldichein, als vielmehr drei große Egos zum musikalischen Ringkampf. Es gibt viele missglückte Beispiele der zuletzt genannten Gattung; man muss sie hier nicht aufführen. Fast jeder Klassik-Fan fällt einmal auf die Ankündigung großer Namen herein, die dann im Endeffekt doch nur Durchschnittliches zustande bringen. Wie verhält es sich nun bei diesem „Trio“ bestehend aus Andsnes und den Tetzlaff-Geschwistern? Hier verhält es sich gottseidank einmal anders, und wer mit den bisherigen Aufnahmen der drei Künstler schon etwas näher vertraut ist, hätte sich wohl auch gewundert, wenn es hier zum Ego-Krieg gekommen wäre, denn schließlich stehen alle drei Beteiligten im Ruf zu den besonders werkdienlichen Interpreten zu gehören und ansonsten bislang nicht unbedingt durch etwaiges divenhaftes Gehabe auf sich aufmerksam gemacht haben. Und so kann EMI auf der Rückseite der CD berechtigterweise und selbstbewusst mit einem Zitat der britischen Zeitung „The Guardian“ prahlen, das offenbar aufgrund einer Live-Aufführung der drei Künstler mit dem hier eingespielten Programm zustande gekommen ist. „The Guardian“ schrieb da: „This was real chamber playing, with no sense of soloists coming together on an adhoc basis.“ Und da kann auch ich nur zustimmen, denn so homogen, harmonisch — bei Rockmusik würde ich sagen „tight“ — habe ich die herrlichen Schumann-Klaviertrios bislang noch nicht gehört. Es ist beinahe unheimlich, wie sagenhaft gut die drei Ausführenden miteinander musizieren. Es ist, als spielte hier ein Einziger. Es ist absolut fantastisch! Trotzdem muss man „Ecken und Kanten“ nicht missen: Andsnes und die Tetzlaffs geben Schumann hier nämlich so forsch und leidenschaftlich, dass es eine Pracht ist. Hier weht ein frischer Wind durch die schon oft eingespielten Werke, und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir hier in der Tat eine neue Referenz-Edition vorliegen haben, die es so bislang noch nicht gegeben hat, und von der ich mir nicht vorstellen kann, dass es das so schnell noch einmal wieder geben wird; obwohl: Man soll ja niemals nie sagen, denn fast zeitgleich zu dieser Einspielung erscheint bei Onyx Classics eine mit ähnlicher Starbesetzung einhergehende Einspielung der Schumann-Klaviertrios. Dort musizieren dann Peter Laul, Ilya Gringolts und Dmitry Kouzov. Das hören wir uns natürlich auch an… Versprochen! Vorerst gibt es für die hier vorliegende Aufnahme unsere Höchstwertung mit fünf Punkten, zumal (und das ist bei EMI classics leider nicht immer selbstverständlich) auch der Sound stimmt. Besonders die herrlichen Instrumente von Christian und Tanja Tetzlaff sind wunderbar eingefangen worden und weisen einen geradezu samtigen Ton auf, bei dem ich in Sachen Klangästhetik geradezu dahinschmelze… Das Piano von Leif Ove Andsnes kommt dagegen fast etwas zu „scharf“ durch die Boxen und ist meines Erachtens auch etwas zu laut abgemischt worden. Jedenfalls hat man öfters den Eindruck, dass der Part von Leif Ove Andsnes in puncto Gesamtabmischung öfters am Rande der Überbetonung entlangschrammt. Ansonsten ist das, was die EMI-Tontechniker hier abgeliefert haben, wirklich gute Arbeit. Alles in allem also eine klare Empfehlung. |
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