Frank Turner - England Keep My BonesDer Soundtrack für die Alltagspiraten unserer Ellbogengesellschaftvon Rainer Aschemeier • 12. Juni 2011
Ein bisschen „Pogues“, ein bisschen „New Model Army“ und ein bisschen Alternativ-Rock-Tralala — so oder ähnlich könnte man die neue CD des britischen Singer-Songwriters Frank Turner zusammenfassen. Es ist mir ein wenig ein Rätsel, warum Turner von einigen sonst Ernst zu nehmenden internationalen Internetmagazinen ein „herausragender Tiefgang“ attestiert wird. Für mich ist Turners neue Platte „England Keep My Bones“ eher etwas für raue und feucht-fröhliche Sauf- und Spaßveranstaltungen in britischen Pubs oder in hip hergerichteten Gewölbekellern von Studentenwohnheimen. Versteht man das Album so und überlässt das große Wort „Tiefgang“ einfach den anderen, die es verdient haben, macht die Scheibe auch richtig Spaß und weiß zu gefallen. Das wunderbare „piraten-Logbuch-artige“ Cover (hab‘ ich übrigens vor dem Scannen nicht mit schmutzigen Fingern abgegrabbelt; nein, das sieht absichtlich so aus!) sowie der kultige Titel „England Keep My Bones“ passen hervorragend zu dem Sound den Frank Turner anschlägt. Der 1981 in Bahrain geborene und in Großbritannien aufgewachsene Künstler frönte zu Beginn seiner Karriere dem Punkrock, um sich dann in einem Anflug spontaner Weiterentwicklung (?) kurzfristig aber nachhaltig einem satt dreckigen „Alternative-meets-Folkrocksound“ zu widmen. Störend an Frank Turners neuer CD finde ich persönlich die zu undynamische, ständig schrammelige Akustikgitarrenarbeit, die für meine Ohren schnell langweilig wird. Dies mag aber auch an der nicht eben optimalen Produktion liegen, die in Anbetracht des erdigen Sounds, den die Mannen hier auf’s Parkett legen, unangenehm „digital“ und aufgeblasen anmutet. Besonders unschön ist aber der Drumsound, der ein ums andere Mal wie ein Fremdkörper wirkt, weil man solche bombastischen Drums eher auf einer Metalscheibe vermuten würde. Natürlich kommt das fett bei den lauten Krachparts (meistens sind das die Refrains), die Turner hier ungestüm durch die Boxen schickt, aber bei den folkigen Strophen wirkt es eben vor allem unpassend. Fazit: Wer demnächst vorhat, mal wieder ein paar Biere über den Durst zu trinken, und wer dabei mit einer Horde Kumpels zu erdiger Rockmusik rumgrölen möchte, sollte ein Frank Turner-Konzert besuchen oder alternativ diese Scheibe auflegen. Ich könnte mir vorstellen, dass der wahre „Charme“ dieser Musik live am besten rüberkommt und dass die hier vorliegende Studioscheibe sicher nur ein Schatten eines Frank Turner-Live-Konzerts sein kann. Schaun‘ mer mal, wie es mit diesem Youngster aus England, der Bruce Springsteen zu seinen großen Vorbildern zählt, weitergeht… |
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