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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Razorback Killers
Vicious Rumors

(2011)
Steamhammer

• •

Vicious Rumors - Razorback Killers

Von der Stange...

von Rainer Aschemeier  •  14. Mai 2011

Bei the-listener.de sind wir (oder eher ich?) ja auch dafür bekannt, dass wir gern mal ein ordentliches Harteisen auf den Plattenteller legen. Leider ist in den letzten paar Jahren nicht viel Gescheites aus dem Metallager dahergekommen. Doch bei dem Namen „Vicious Rumors“ darf man ja mal aufhorchen. Die US-Metal-Kapelle hatte in den 1980er-Jahren einige so herzerweichend großartige Klassiker auf Lager, dass man bis heute konstatieren muss: Diese Alben („Digital Dictator“, „Vicious Rumors“ und „Welcome To The Ball“ sowie mit Abstrichen auch das Debüt „Soldiers of the Night“ und das Frühneunzigerwerk „Word of Mouth“) sind genreprägende Klassiker, die weder Vicious Rumors selbst, noch irgendeine andere US-Powermetal-Band je wieder übertroffen oder auch nur annähernd erreicht hat.

Der damalige Sound der Band war die perfekte Verschmelzung aus Power und Melodie, das Songwriting war einfallsreich und auch qualitativ besser als es das Gros der Mitbewerber konnte, mit Geoff Thorpe hatte man einen wahren Teufelsgitarristen an Bord, der seither zu DEN guitar heroes schlechthin gehört und – vielleicht am wichtigsten – mit Carl Albert hatten Vicious Rumors einen begnadeten Sänger in ihren Reihen, der es durchaus mit den besten seines Fachs, ja, selbst mit Namen wie Rob Halford oder Ronnie James Dio aufnehmen konnte. Just jener Carl Albert verunglückte jedoch Mitte der Neunzigerjahre tödlich bei einem Verkehrsunfall. Es begann die große Krise, die Vicious Rumors ins völlige Chaos stürzen sollte. Die Band glich einem Hühnerstall: Munteres Kommen und Gehen am Mikrofon, und jeder wollte mal reinkrähen. Zudem änderte sich der Stil der Band. Auf dem unter Fans als absoluten Tiefpunkt angesehenen Album „Something Burning“ wehte das Fähnchen gar in Richtung Thrash Metal und Geoff Thorpe übernahm selbst die Vocals; ein Fehler, der gefolgt war von zahllosen Personalwechseln innerhalb der bis zu Beginn der 1990er-Jahre eher als stabile Einheit wahrgenommenen Band. Vor allem der Posten des Sängers konnte nie wieder gleichwertig besetzt werden. Das 2006er Album „Warball“ gab erstmals seit gefühlt ewigen Zeiten wieder Anlass zur Hoffnung, denn Helstar-Sänger James Rivera war eingestiegen und hatte nicht nur glänzende vokale Qualitäten zu offerieren sondern war offenbar auch am Songwriting beteiligt gewesen; jedenfalls war „Warball“ ein amtliches Album mit klassischem Powermetal-Sound und einer ganzen Reihe Songs, die auch den Fans der ersten Stunde wieder zu gefallen wussten.

Inzwischen hat sich ein gewisser Brian Allen am Mikro eingefunden (nicht zu verwechseln mit Brian Connor, der auch mal für Vicious Rumors gesungen hat). Erstgenannter war offenbar Sänger für Malice, eine US-Undergroundgröße aus der Achtziger-Powermetalszene. Allen ist ein Sänger der Sorte „sehr rau und trifft nicht immer jeden Ton“. Das ist perse im Bereich Heavy Metal nicht ungewöhnlich und auch nicht schlimm. Im Gegenteil: Es gibt tolle Exemplare dieser Gattung, man denke etwa an Coburn Pharr (Omen, Annihilator) oder David Wayne (Metal Church, Reverend). Nur kann Brian Allen mit solchen Helden leider nicht mithalten. Im Gegenteil: Der raue Sound von Allens Stimme verleitet auch die gesamte Band dazu, wieder härter zur Sache zu gehen, als es für Vicious Rumors gut ist. So befindet man sich auf „Razorback Killers“ erneut im Grenzbereich zwischen Power Metal und Thrash Metal, man könnte auch sagen: Zwischen allen Stühlen. Da können auch Gaststar-Auftritte übriggebliebener Helden von damals (Mark McGee) nix retten. Die Songs sind von der Stange des heutigen gesichtslosen Musikbetriebs im Sektor Metallwaren, Sortierung: grob. Klar, hier und da lässt man die Augenbraue nach oben zucken, denn Geoff Thorpe hat immer noch ein geniales Händchen für melodische Soli des obersten Schwierigkeitsgrads. Auch der immense Durchhaltewillen der Kapelle nötigt einem Respekt ab. Auch die Livekonzerte (von denen ich zuletzt anno 2007 eines besuchen durfte) sind nach wie vor eine Macht, die man jedem Metalhead nur ans Herz legen kann. Aber „Razorback Killers“!? Das ist leider mal wieder eine Scheibe, die man entweder gleich im Laden stehenlassen kann (das würde ich empfehlen) oder man kauft sie sich, hört sie zweimal und dann verschimmelt sie im CD-Schrank — weil’s eben nun mal nicht so gut ist, wie die alten Sachen. Nostalgie hin oder her…

Sorry, mehr als zwei Punkte sind nicht drin.

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