Josh T. Pearson - Last of the Country GentlemenTief empfundene Rauschebartmusikvon Rainer Aschemeier • 8. April 2011 Eine der merkwürdigsten Gestalten des heutigen Musikbiz meldet sich zur Entzückung von derzeit vielen Musikzeitschriften zurück. Es handelt sich um Josh T. Pearson, einen Singer/Songwriter, der in den Neunzigern mit einer Indie-Kapelle namens Lift to Experience eine EP, eine Single und ein Doppelalbum aufgenommen hatte. Pearson – damals noch unter dem Namen Josh „Buck“ Pearson firmierend – bekehrte sich anschließend selbst zum Alt.-Country-Sound, reiste jahrelang durch die USA, um auf Festivals und Politveranstaltungen zu singen und ließ sich einen Rauschebart wachsen. Ein dabei (beim Singen, nicht beim Bart wachsen lassen) mitgeschnittenes Bootleg war die bislang einzige reguläre Solo-Veröffentlichung des Künstlers, der nun von Kultur-Spiegel bis in die Tiefen der webblogs Schreie der Verzückung bei seinen Hörern bzw. Rezensenten hervorruft. Klar also, dass sich auch „The Listener“ diesen schratigen Kauz mal näher vornehmen musste. Mit sieben durchweg ruhigen bis r u h i g s t e n Songs, die mich persönlich mehr an Folk denken lassen, als an Country, tritt Pearson auf seinem ersten Solo-Studioalbum an. Dabei verlangt er seinen Hörern eine ganze Menge ab, denn Pearsons Songs ordnen sich keinen gängigen und eingeübten Mustern des schieren Popkonsums unter. Zwar ist Pearsons Stimme, die irgendwo zwischen Jeff Buckley, Thom Yorke und Willie Nelson herumlungert, schon das gängige Kaliber, das man heutzutage in Alt. Beim Arrangement der Songs setzte dieser ein ums andere Mal auf einen Wechsel zwischen dem typischen Singer-/Songwriter Gitarre-&-Gesang-Sound und teppichartigen Streicherarrangements mit einer gelegentlich eingewobenen Solo-Fiddle, die – zumindest in meinen Ohren – den einzigen wirklich „country-relevanten“ Aspekt des Albums darstellt. Der Opener „Thou Art Loosed“ sowie der das Album beschließende Song „Drive Her Out“ drängen mit einem ultralang eingestellten Delay-Effekt in spacig-abgehobene Sphären, und von dem Song „Country Dumb“ gibt es tatsächlich eine Single-Auskopplung als „piano version“. Dabei ist eigentlich das Meiste auf Pearsons Album extrem „piano“ – allerdings eher im Sinne der Vortragsbezeichnung. Fazit: Pearsons Solodebüt hat seine Qualitäten. Die Songs vermitteln durchwegs wertiges, gut musiziertes und inspiriertes Flair. Jedoch sind einige der zumeist todtraurig tönenden Balladen auch erkennbar viel zu schlicht gestrickt, um über mehr als zehnminütige Laut-/Leise-Spielchen zu tragen. Ich weiß, die Gemeinde der Slow-Mo-Fans und sicher auch einige Alt.-Country-Liebhaber werden dieses Album lieben. Und ich gönn‘ es ihnen. Ich persönlich finde es ja auch ganz nett und bin sowieso über jedes gut gemachte Album mit ehrlicher Musik dankbar. Und das immerhin muss man Pearson vollauf und ohne Abzüge atttestieren: Das, was er da macht, tönt ehrlich und authentisch. Allein deswegen zählt sein Debüt zu den nur wenigen Prozent empfehlenswerter Alben, die heutzutage das Licht der Welt erblicken. |
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