Franz Schubert - Die 10 Sinfonien (2011)
• • • Franz Schubert - 10 SymphonienDie kompletteste erhältliche Schubert Sinfonienboxvon Rainer Aschemeier • 22. März 2011 Immer mehr Labels, die sich ganz und gar der Wiederveröffentlichung alter Aufnahmen verschrieben haben, schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Das jüngste Label dieser Art ist newton classics, das in den Niederlanden beheimatet ist und folgerichtig tief in die Archive des einstigen Stolzes Hollands, nämlich des vor einigen Jahren von Universal fahrlässig in die Pleite gerittenen Philips Classics-Labels eingetaucht ist. Es ist erstaunlich, welche Schätze hierbei zutage treten, die manchmal, wie bei der vorliegenden Box von Schubert-Sinfonien, seit sage und schreibe über 25 Jahren nicht mehr auf CD erhältlich waren. Dabei stellt, zumindest auf den ersten Blick, gerade die hier besprochene Einspielung eine besonders interessante Zusammenstellung dar. Warum? Es gibt zwei Gründe, die den geneigten Schubert-Interessenten neugierig auf diese Wiederveröffentlichung machen dürften. So sah die besprochene Schubert-Box bei Ihrer Erstveröffentlichung auf Philips-Classics in den Achtzigerjahren aus. Andererseits gibt es auch einige Aufnahmen, die schlicht als belanglos tituliert werden können, so etwa die zweite Garde der Mozart-Einspielungen aus den Achtzigerjahren für die EMI, die Schumann-Sinfonien für Capriccio sowie einige Beethoven-Aufnahmen für Philips. Alle diese Aufnahmen stammen aus den Achtzigern, und man muss konstatieren, dass hierbei ein kurioser Umstand auffällt: In den 1980ern waren Marriner und seine Academy zwar am populärsten, hatten aber gleichzeitig ein ziemliches Formtief. In den Siebzigern und Neunzigern hingegen gelangen ihnen immer wieder großartige Aufnahmen, von denen sich Kenner bis heute Worte der höchsten Anerkennung zuraunen. Die vorliegende Box wurde zwischen November 1981 und Januar 1984 aufgenommen und 1985 erstmals als Gesamtedition bei Philips Classics veröffentlicht. Da es auch seinerzeit schon eine ganze Reihe von Schubert-Komplett-Packs gab, hat man für die vorliegende Edition tief in die Trickkiste gegriffen und selbstbewusst von „10 Sinfonien“ auf dem Cover gesprochen – wohl wissend, dass Schubert, ähnlich, wie Beethoven, Mahler, Bruckner, Spohr und Vaughan Williams nie über eine jeweils vollendete Neunte und Skizzen zu einer Zehnten hinausgekommen war. Ähnlich, wie sonst in solchen Fällen, holte man sich auch hier einen Musikwissenschaftler, der sämtliche sinfonischen Fragmente, die im Verdacht standen, irgendwie von Franz Schubert mal als Sinfonie geplant gewesen zu sein, vervollständigt und aufführbar gemacht hat, und auch die „Unvollendete“ müsste ihren populären Namen in der vorliegenden Edition streng genommen einbüßen, denn im Rahmen dieser Box hat man sie „vollendet“. Das ist frelich eine interessante Sache und dürfte manchen Inteteressenten zum Kauf bewegen. Beim Anhören der Aufnahmen ergibt sich jedoch ein ernüchterndes Bild. Die Academy spielt in erstaunlich großer Besetzung, die Musik wirkt dadurch ein ums andere Mal recht schwerfällig, vor allem bei den frühen Sinfonien, die – wie uns nicht zuletzt Carlos Kleiber schon Jahre vor dieser Aufnahme bewiesen hat – eigentlich spritzig und im Geiste Haydns verhaftet klingen könnten und sollten. Die „Große“ Neunte tönt ambitioniert aber seltsam bemüht aus den Boxen. Und die „Unvollendete“ ist eine herbe Enttäuschung, wartet mit äußerst langsamen Tempi auf, die einmal mehr zur Schau stellen, wie sehr diese Sinfonie bereits von Hause aus von Wiederholungen wimmelt und somit leider in der vorliegenden Aufnahme sehr die nervenzerfetzende Spannung und Dramatik vermissen lässt, die bei diesem Werk möglich ist und von den besten Interpreten dieser Musik auch erreicht wird (als Beispiel sei hier wieder Kleiber genannt, aber z. B. auch Colin Davis in seiner Spitzenaufnahme der Sinfonie mit dem Boston Symphony Orchestra für Philips aus den 1980-ern). Der Aufnahmeklang bleibt ebenfalls hinter den Möglichkeiten zurück, die Philips zu dieser Zeit hatte, wie andere Philips-Aufnahmen der Academy unter Marriner aus dieser Zeit beweisen, die häufig sagenhaft gut klingen. Also kann man leider auch in dieser Hinsicht nur von Mittelmaß sprechen. Die günstige 6-CD-Box dürfte trotzdem ihre Käufer finden, denn alle Einspielungen sind natürlich nicht wirklich schlecht – guter Durchschnitt eben. Und eine Tatsache bleibt unbenommen: Durch die Aufnahme von insgesamt drei Fragmenten (inkl. 10. Sinfonie) sowie der Komplettierung der „Unvollendeten“ durch Auswertung von Skizzen und die Ergänzung eines Satzes aus der Schauspielmusik Rosamunde, der wohl ursprünglich für die „Unvollendete“ geplant gewesen war, bleibt die vorliegende Edition die kompletteste erhältliche Gesamtausgabe der Schubert-Sinfonien am Markt. |
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