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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Into The Valley Of The Moon King
Magnum

(2009)
SPV

Magnum - Into The Valley Of The Moon King

Drachenjagd im Tal der Tränen

von Rainer Aschemeier  •  10. Juli 2009

Die melodisch rockenden Briten von Magnum sind seit Anfang der 1970er im Geschäft, wenn man von einer längeren Pause Mitte der Neunzigerjahre einmal absieht (in dieser Pause musizierte aber der Kern der Band, Sänger Bob Catley und Gitarrist Tony Clarkin, unter dem Bandnamen „Hard Rain“ munter weiter und Catley begann zudem eine erfolgreiche, bis dato andauernde Solokarriere). Von ihren Fans werden Magnum geradezu kultisch verehrt. Dem Rest der Welt waren sie – man sollte das wohl offen und ehrlich konstatieren – mal mehr, mal weniger egal. Selbst die absoluten Magnum-Topseller und Kultalben „Wings of Heaven“ (1988) und „On A Storyteller’s Night“ (1985) konnten kommerziell niemals mit den ganz Großen der Branche gleichziehen, obschon sie sich mehr als beachtlich verkauften – und zwar vor allem in Deutschland, ein seit Langem nachhaltig sprudelndes Quellgebiet der Magnum-Fanbase.
Vielleicht lag der Grund für diese, für die Musiker wohl eher mittelmäßig zufriedenstellende Situation in der seit Anbeginn der Bandkarriere sehr zwiespältigen Qualität der in regelmäßigen Abständen vorgelegten Longplayer. So folgte auf das episch-bombastische Meisterwerk „On A Storyteller’s Night“ das poppig-nichtssagende „Vigilante“, welches wiederum gefolgt war von einem zwar kommerziellen, aber einfallsreichen Topalbum wie „Wings of Heaven“ – nur, damit dieses wiederum vom größten Rohrkrepierer der gesamten Bandgeschichte, nämlich dem wirklich miserablen Machwerk „Goodnight L. A.“, relativiert werden konnte. Ähnlich verhielt es sich mit dem darauf folgenden, sehr guten „Sleepwalking“ und dem anschließenden, wieder drastisch miesen „Rock Art“.
Und so waren Magnum, wenn man die Diskographie der Band vor seinem inneren Auge einmal abspult, quasi noch niemals eine sichere Bank. Kein Wunder, dass auch die drei seit der Reunion im Jahr 2002 erschienenen CDs ziemlich unterschiedlich ausfielen. War das Reunion-Album „Breath of Life“ (2002) noch eher ein laues Lüftchen, so konnte das Folgealbum „Brand New Morning“ (2004) bereits sehr viel mehr überzeugen, weil es alte „Magnum“-Tugenden wieder auferstehen ließ: Gutes Songwriting, sehr sehr gute Produktion und eine tighte, hervorragend miteinander musizierende Band, die eine echt verschworene Gemeinschaft repräsentierte. Als dann vor zwei Jahren das Album „Princess Alice and the Broken Arrow“ erschien, konnte man es nur als Meisterwerk der Bandgeschichte bezeichnen. Als ob in den vergangenen zehn Jahren nichts, aber auch gar nichts gewesen wäre, reihte sich „Princess Alice…“ munter in eine Reihe mit den allerbesten Magnum-Alben wie z. B. „Chase the Dragon“ (1982), „Wings of Heaven“ (1988) oder eben dem legendären „Storyteller“-Album (1985) ein. Und nun?
Anfang Juli erschien mit „Into the Valley oft he Moon King“ der frische Silberling – wieder mit sperrigem Albumtitel und wieder mit Retro-Coverartwork von Magnum-Haus-und-Hof-Zeichner Rodney Matthews. Und wie immer, wenn große Erwartungen anstehen, versäumt die Band es auch diesmal nicht, uns richtig derbe zu enttäuschen.
Aber Hallo! Wahrscheinlich ist „Into the Valley of the Moon King“ wirklich und ehrlich noch mieser als die bereits als furchtbar erkannten Machwerke „Good Night L. A.“ und „Art Rock“. Es ist einfach nur traurig! Bereits der Opener ist seifiger, poppiger, nichtssagender Altherrenrock-Nonsens. Und so geht es in einer Tour weiter. Kein einziger Song vermag wirklich zu überzeugen, keine einzige Melodie kann zünden, kein einziges Arrangement vermittelt auch nur im Ansatz den Ideenreichtum und die kompositorische Kunstfertigkeit, die nur zwei Jahre zuvor das famose „Princess Alice…“-Album ausgezeichnet hatte. Und so fragt man sich auch diesmal, wie sich so ein Kreativdrama eigentlich überhaupt ereignen kann.
Magnum behaupten ihren zweifelhaften Ruf, eine der qualitativ unbeständigsten Bands im Business zu sein. In einem guten Jahr könnten die Briten vielleicht wieder wahre Wunder vollbringen – und vielleicht stürzen sie dann schon morgen wieder in nie gekannte Tiefen hinab. So ist das nunmal… Es wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Da bleibt nur der Trost, dass es bisher auch immer wieder einen Ausweg aus dem Tal der Tränen gab. Hoffentlich gilt das auch für das Tal des Mondkönigs… Aber die Band, die es sich traut, ausgerechnet auf dem Cover ihres jüngsten Albums, einem der am wenigsten überzeugenden der bisherigen Bandgeschichte, Reminiszenzen an „Chasing the Dragon“ zu wecken – also Reminiszenzen an eine der unumstrittenen Großtaten des britischen Melodicrocks! – hat hier, das muss man wohl so sagen, tief, tief ins Fettnäpfchen gegrapscht.

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