Offscreen Reviews VII: THE BIG DOLL HOUSEvon Frank Castenholz • 26. März 2008 Als die Veranstalter des Offscreen-Festivals “The Big Doll House” einleitend vollmundig als innovatives Gründungsdokument des Women-in-Prison-Genres priesen, stand Jack Hill am Rande, grimassierte unkontrolliert, rollte mit den Augen, wackelte mit den Brauen und verzog die Mundwinkel, als sei ihm dieser Huldigung hochnotpeinlich: „I was at one of my low points of my carreer, and I desperately needed to make another film“. Beim ersten Blättern im Drehbuch dachte er nur_ “Oh my god!”; es handelte sich um die zweite Fassung eines Skripts, dass in Zuge der Überarbeitung sogar noch schlechter geworden war. Hill nahm auf Grundlage der Urfassung die ihm möglichen Schönheitskorrekturen vor. „At least I added some humor to the script“, entschuldigt er sich, so seien, fügt er verschmitzt hinzu, die humorvollen Stellen auf ihn zurückzuführen, der Rest hingegen, “well,…,you got to be in a special mood to enjoy this movie, I guess” (Augenrollen). „The Big Doll House“ verschafft uns einen profunden Einblick in das Innenleben eines klischeetypischen südostasiatischen Frauenknasts; insbesondere machen wir Bekanntschaft mit den Sorgen, Nöten und Leidenschaften einer Zellenzwangswohngemeinschaft, die sich, nach den üblichen Machtkämpfen, Initiationsriten und Eifersüchteleien, zusammenraufen und gegen die (selbstverständlich) sadistische Oberaufseherin verbünden müssen, um einen gemeinsamen Ausbruchsversuch zu unternehmen (den naturgemäß nicht jede unserer Heldinnen überstehen wird). “The Big Dollhouse” ist deshalb ein besonderes bemerkenswertes Werk, weil man spürt, wie Hill in jeder Szene emsig bemüht war, aus einem eigentlich seinem Stilempfinden widerstrebenden Plot und diversen ihm von der Produktionsfirma vorgeschriebenen Handlungsmeilensteinen (lesbische Duschszenen, weibliches Schlammcatchen, sadistische Foltereinlagen…) einen respektablen Streifen zu fertigen. Dies ist ihm, einmal mehr, dadurch gelungen, dass er mittels Drehbuch-Fine Tuning und diversen Glücksgriffen beim Casting aus den Stereotypen tatsächlich Charaktere geformt hat, an deren Schicksal man aufrichtig Anteil nehmen kann; allen voran Pam Grier in ihrer ersten Rolle als die charakterlich ambivalente „Grear“ (!), die einerseits herrschsüchtig, derb, berechnend und gewalttätig ist, andererseits aber auch mutig, couragiert und mitühlend: als eigensüchtige tragische Heldin wider Willen wohl die interessanteste Figur des Films. Notiz am Rande: Gerade bei dieser Vorführung ist mir bewusst geworden, wie unangenehm, pubertär und bierblöde Zuschauer sein können, die sich solche Werke nur anschauen, um „ablachen“ zu können – und konsequenterweise bei jeder Einstellung demonstrativ wiehern, um sich vom Geschehen zu distanzieren und jedem deutlich zu machen, dass man sich hier bewusst am „schlechten Geschmack“ des „peinlichen“ Werkes weidet. Das mag vielleicht bei diversen Schulmädchen in Lederhosen-Krachern durchgehen, bei Hill ist es ein Armutszeugnis. So grob wie diese Schaulustigen gestrickt sind, die die versteckte Schönheit und auch die eigentlich offenkundige Menschlichkeit bei Hill stumpf übersehen bzw. schlicht nicht verstehen, kann selbst der derbste Exploitation-Film nicht sein. |
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